NRW scheint eine beliebte Inspirationsquelle für Fotografen zu sein. Der englische Fotograf Martin Parr hat sich in Düsseldorf in den Schrebergärten umgesehen und jede Menge Motive gefunden, die die Menschen an ihren Lieblingsorten zeigen. Diese und viele andere Werke aus dem Schaffen des Fotografen, der als einer der wichtigsten Vertreter der zeitgenössischen Dokumentarfotografie und als Chronist unserer Zeit gilt, sind jetzt in einer Ausstellung im NRW-Forum zu sehen.
Wer die Ausstellung besucht, wird schnell erkennen, das Lieblingsmotiv des Fotografen ist der Mensch. Und den fängt er zumeist mit seiner Kamera in alltäglichen oder selbst gewählten Umgebungen ein. 400 Werke bilden einen einzigartigen Kosmos aus seinen Serien wie The last Resort, Think of England, Luxury, Life’s a Beach und Common Sense.
The Small World – die Welt wird kleiner, so der Künstler, wenn er die Kamera auf die aus aller Welt kommenden Menschen hält, die in Bangkok, Indien und Mexiko als Touristen unterwegs sind. Er zeigt dabei schonungslos das, was andere vielleicht verbergen wollen, aber mit englischem Humor und ohne zu entwürdigen und in schillernden Farben.
Parr arbeitet manieristisch, das heißt er arbeitet die Übertreibungen, zu denen Menschen manchmal neigen, heraus. Zeigt, wie Frauen und Männer ihren Reichtum herausstellen oder führt uns unser Konsumverhalten in grellen Farben vor Augen – Speisen und Gebrauchsgegenstände wirken künstlich, sind es aber nicht.
Martin Parr – Mit Bad Weather
ist ein Ausstellungsraum benannt, der zu diesem Thema ausschließlich kontrastreiche Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeigt, die den Beginn seiner Laufbahn zeigen. Man fröstelt schon ein wenig, wenn man den Raum betritt, der auch akustisch bedrohliche Wetter hören lässt. Das Wetter ist nicht nur, aber besonders für die Briten ein Thema. Mit dem sie leben müssen, wie die Aufnahmen beweisen. Perfektes Können steht dahinter, wenn in der Mitte als heller Fleck ein Mann im Regenmantel auf dunklem Hintergrund zu sehen ist, eingekreist von hellen Spots aus Schneeflocken. Oder dieses:
Anfang der 1980er Jahre verwendete Parr zunehmend Farbe, änderte seinen Stil. Sein 1982 begonnenes und 1986 erstmals veröffentlichtes Projekt The Last Resort, mit dem er das britische Strandleben in New Brighton dokumentierte, gilt heute als Meilenstein der Fotografie und machte ihn international bekannt.
Was ist schön? Die Fotografien des britischen Seebads lassen darauf keine eindeutige Antwort zu: Es gibt das Schöne im Hässlichen und das Hässliche im Schönen.
Eine vielseitige und interessante Ausstellung.
„Wenn die Leute beim Betrachten meiner Bilder gleichzeitig weinen und lachen, dann ist das genau die Reaktion, die die Bilder auch bei mir hervorrufen. Die Dinge sind weder grundsätzlich gut noch schlecht. Ich bin immer daran interessiert, beide Extreme darzustellen.“ – Martin Parr . Das ist ihm gelungen!
Entwickelt und kuratiert wird die Ausstellung von Ralph Goertz, Leiter des IKS – Institut für Kunstdokumentation, der im NRW-Forum bereits mit den Ausstellungen Joel Meyerowitz Retrospective oder Lindbergh/Winogrand: Women on Street vertreten war.
Zur Ausstellung erscheint die Publikation KLEINGÄRTNER. PHOTOGRAPHS BY MARTIN PARR, Koenig Books, London, herausgegeben von Ralph Goertz (ISBN: 978-3-96098-657-7, 25 € im NRW-Forum, 29,90 € im Buchhandel).
Martin Parr Retrospektive
Laufzeit: 19.07. – 10.11.2019
Eröffnung: 18.07.2019, 19:30 Uhr