Heute gibt es zwei wichtige historische Ereignisse, die zunächst nichts miteinander zu verbinden scheint. Einmal den 150. Geburtstag von Thomas Mann, dem bedeutendsten deutschen Schriftsteller und Erzähler des 20. Jahrhunderts. Der 6. Juni 1944 markiert jedoch auch ein anderes Ereignis, den Tag, an dem alliierte Truppen (USA, Großbritannien, Kanada, Frankreich) 1944 an den Stränden der Normandie landeten, um gegen das Nazi-Deutschland im Westen zu kämpfen. Wie der Schriftsteller zu dieser Zeit, nämlich seit 1938, mit seiner Familie im Exil in den Vereinigten Staaten von Amerika lebt, und wer der auch politische Mensch hinter der Schriftstellerpersönlichkeit ist, diese Fragen versucht der Autor MARTIN MITTELMEIER in seinem Buch „Heimweh im Paradies“ zu beantworten.
Die Manns teilen ihr Schicksal mit vielen prominenten Exilanten, darunter Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller*innen und Intellektuelle wie Arnold Schönberg, Vicki Baum, Theodor W. Adorno, Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Helene Weigel, Max Horkheimer, Hanns Eisler, Franz und Alma Werfel.
Deutschland liegt fern von Los Angeles – ein Exil, das wie ein Paradies erscheint mit seinem ewigen Sonnenschein, der reinen Luft, den Palmen und dem Strand. Doch für Thomas Mann ist Deutschland immer gegenwärtig – er ist Deutschland in seiner guten Verfassung und nicht das der Nazis. Mit Vorträgen wendet er sich an die Bürger seiner Exilheimat, mit Radiosendungen will er die Hörer in Deutschland erreichen.
Was er zusätzlich braucht, um auch hier schreiben zu können, ist ein Arbeitsplatz, der bis ins Kleinste identisch zu sein hat mit dem seiner Heimat. Mann, der literarisch auch oftmals selbstironisch war, findet nur Ruhe und Inspiration in einem einzigen von ihm persönlich gestalteten Setting. Auch sonst spiegelt der etwas hölzerne Schriftsteller mit der randlosen Brille, dem Schnäuzer keine optische Entsprechung seines genialen und reichen Inneren. Vielseitige Ideen und Inspirationen findet er in seinem Haus in Pacific Palisades hingegen ausreichen und sie sind das Ergebnis seines Romans „Doktor Faustus“, eine „fiktive Künstler-Biographie“.
Insbesondere ließ er sich dabei von Theodor Adornos Buch „Philosophie der neuen Musik“ anregen. Auf einer der vielen Dinner-Partys, die die Manns besuchen, lernt er Adorno kennen, der lange nicht wusste, ob er Musiker oder Philosoph sein will, und beides in diesem Buch miteinander vereint. Mann profitiert von diesen theoretischen Schriften, die mithelfen, dem Protagonisten seines Romans – dem Komponisten Adrian Leverkühn – Gestalt zu geben, der seine Seele an den Teufel verliert und darüber zugrunde geht, so wie Deutschland durch den Nationalsozialismus.
Thomas Manns Exil, das sich zwischen Hoffnung, Heimweh, seinem familiären und dem gesellschaftlichen Leben bewegt, beschreibt dieses Buch „Heimweh im Paradies“, das die Atmosphäre des Exils spürbar macht, die Gemeinsamkeit der Exil-Deutschen, die in vielen geistreichen Gesprächen und Festen im schillernden Kalifornien mündete. Aber auch ihre Ängste und Niederlagen. Insbesondere Manns politisches Engagement, welches er durch seine vielen Vortragsreisen und politischen Äußerungen gezeigt hat, offenbart letztlich auch seine tief empfundene Hoffnung auf ein Ende des Krieges und eine neu erwachende demokratische Ordnung in Deutschland.
Zudem zeichnet es vorzüglich ein persönliches Porträt, die Ideen, Gedanken und Inspirationen des großen deutschen Nobelpreisträger und Literaten, der heute seinen 150. Geburtstag hat. Ein Geschenk für Bewunder*innen von Thomas Mann
Heimweh im Paradies
Autor: Martin Mittelmeier
Seiten:192
Erscheinungstag:11.03.2025
ISBN:978-3-7558-0033-0
Verlag: Dumont