MARIDALEN – poetischer Jazz aus Norwegen

Maridalen ist ein junges norwegisches Trio, das eine ausgeprägte Vorliebe für schwedischen Jazz, minimalistische Filmmusik und den französischen Impressionismus hat. Eigentlich hatten sich Anders Hefre (Saxofon, Klarinette), Jonas Kilmork Vemøy (Trompete) und Andreas Rødland Haga ( Kontrabass) hin und wieder zum gemeinsamen Üben getroffen. Doch aus den gelegentlichen Sessions ist schließlich ein Projekt geworden, dessen gleichnamiges Debütalbum heute bei Jazzland Recordings erschienen ist. Aufgenommen wurde es in der Maridalen-Kirche, einem ehemaligen Missionshaus in der Nähe von Oslo.

Mit der Wahl einer Kirche als Aufnahmeraum für ihr Album befindet sich das Trio in guter Gesellschaft. Stan Getz und Charlie Byrd nutzten für ihr klassisches Album Jazz Samba (Verve 1962) die  All Souls Church in Washington DC. Miles Davis hat sein „Kind of Blue“ (Columbia 1959)  in einer umgebauten griechisch-orthodoxe Kirche eingespielt. Und die norwegische Band Moskus nahm unter anderem in der Risør Kirche auf, einer in Blockbauweise gebauten Kreuzkirche aus dem Jahr 1647.

Während die Nutzung sakraler Räume offenbar seit Langem ein Merkmal von Jazz-Aufnahmen zu sein scheint, ist ein Trio, das ohne Drummer auskommt, wohl eher eine Seltenheit. Der Verzicht auf Schlagzeug und Perkussion auf MARIDALEN erweist sich indessen nicht als Mangel, sondern verschafft den Instrumenten mehr Interpretationsspielraum. So können sich die vom Kontrabass begleiteten Unisono-Passagen in weiten Klangräumen kreativ entfalten, wie beispielsweise im weiträumigen Stück „Blir det regn I dag tru“, bei dem die verspielten Stop-Start-Phrasierung den Musikern alle Möglichkeiten eines sublimen Ausdrucks offenlässt.

Die Musik ist originell und erinnert an fein modellierte Filmmusik mit erhabener Atmosphäre und wenig Theatralik. Das Album eröffnet mit dem Titel „Koral“, das mit natürlichen Klängen und Geräuschen wie zwitschernden Vogelstimmen und rauschendem Wasser beginnt, bevor dröhnende Saxofon und Trompetentönen das Thema setzen. Beim Stück „Inga“ spielen Saxofon und Trompete dieselbe schwebende Melodielinie über einem im Wechselschlag marschierenden Bass. Beim Track „Midt pa netten et sted“ beantworten die Blechbläser das unruhige einleitende Klaviermotiv mit majestätischer Ruhe.

Mit ihrem selbstbetitelten Album ist dem Trio Maridalen ein vorzügliches, spannendes Album gelungen, das melancholische, sublime Stimmungsbilder voller Poesie, Tiefe und Schönheit zeichnet.

VÖ: 25.06.2021 beim Label www.jazzlandrecordings.com

www.maridalentrio.com

Standardbild
Hans Kaltwasser
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