Sebastian Bürger lebt wieder in seinem Elternhaus – er hat alles so weit wie möglich im damaligen Stil der 1970er Jahre eingerichtet, und das im Jahr 2031. Nur einige Kilometer entfernt von Hamburg, einem kleinen Ort, in dem gut betuchte Familien in tollen Villen ihre Heimat gefunden haben. Auch sein Ego-Smart will er nicht mehr benutzen. Das alte Festnetztelefon mit Wahlscheibe, ein einfaches Ding, das auch von Laien wieder repariert werden kann, soll jetzt wieder zum Einsatz kommen.
Warum diese Flucht in die Vergangenheit? Sebastian Bürger hat die Schnauze voll, von genetisch veränderten Rapsfeldern, von den Hitzewellen und den Sturmböen, aber am meisten vom „Staatsfeminismus“ und von seiner Frau, die Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Kraftwerkstilllegung und Atommüllentsorgung ist. Wie er ihre Überheblichkeit hasst! Keinen Respekt mehr vor der Stärke eines Mannes. Dabei ist Sebastian keineswegs ein Frauenhasser, aber es ist etwas schief gelaufen, das musste er seiner Frau klar machen – mit Heimtücke und Gewalt – nun ist sie offiziell verschwunden. Sebastian weiß, wie man Frauen gefügig macht.
Auf das Klassentreffen, mit dem er die Hoffnung verbindet, seine Jugendliebe Elli wiederzusehen, freut er sich und nimmt etwas mehr Ephebo, die Verjüngungspille mit Nebenwirkungen. Sie macht alle um etliche Jahre jünger. Er weiß, dass die meisten seiner ehemaligen Schulkameraden ebenfalls Ephebo nehmen. Wer es nicht tut, gilt als zu arm, um es sich leisten zu können. Obwohl schon im Rentenalter, sehen nun alle wieder aus wie Zwanzig- bis Dreißigjährige.
Und Elli enttäuscht ihn nicht, sie ist jung und schön. Veganerin und aktiv im Tierschutz. Sebastian muss aufpassen, dass er sich nicht verrät, denn seit einiger Zeit isst er wieder Fleisch, weil es sinnlos geworden ist, auf Fleisch zu verzichten. Ohnehin ist die Welt nicht mehr zu retten.Wer das nicht begreift, ist selber schuld.
Nun will er mit Elli die letzten Jahre zusammen sein, wenn da nicht noch seine Frau Christiane wäre, die ihm zwar nicht mehr schaden kann, aber einem neuen Leben mit Elli steht sie einfach im Weg. Doch dann kommt alles anders als sich Sebastian das ausgedacht hat….
In Karin Duves Roman zeigt schon der Name des Protagonisten die Richtung an: Sebastian Bürger, Bürger sind es auch, denen die schöne Frauenwelt im futuristischen Roman „Macht“ stinkt. Umweltkatastrophen und Klimaerwärmung sind jedoch Folgen, sieht man sich die Verteilung auf politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsebenen an, vorwiegend männlichen Handelns und Entscheidungen vergangener Zeit.
Ein satirischer Zukunftsroman, in dem Frauen ihre völlige Gleichberechtigung erhalten haben, Männer deswegen auf die Barrikaden gehen. Es gibt Verjüngungspillen, die die Menschen um Jahre jünger machen. Doch wozu, wenn die Umwelt unrettbar verloren ist?
Aber keine Sorge, trotz pessimistischer Zukunftsaussichten ist der Roman eine sehr unterhaltsame und interessante Lektüre.
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2005), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. 2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, in dem sie die Frage aufwarf »Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?« und damit eine breite Diskussion über unser Konsumverhalten auslöste. Zuletzt erschien von ihr die Streitschrift Warum die Sache schiefgeht (2014). Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam im Sommer 2015 in die Kinos
Karen Duve
Macht
ISBN 978-3-86971-008-2
Erscheint am 18. Februar 2016