Louise und die Schule der Freiheit

Der französische Regisseur Éric Besnard wendet sich mit seiner neuen Arbeit LOUISE UND DIE SCHULE DER FREIHEIT erneut einem historischen Thema zu. Sein Film aus dem Jahre 2021 „A La Carte! – Freiheit geht durch den Magen“ handelte von einem talentierten, aber bei seinem adeligen Herrn in Ungnade gefallenen Koch, der im revolutionären Frankreich gegen alle Widerstände das erste, für alle BürgerInnen zugängliche Restaurant des Landes eröffnet. Diesmal geht es um die fiktive Lehrerin Louise Violet, die Ende des 19. Jahrhunderts von der französischen Regierung den Auftrag erhält, in einem abgelegenen Bergdorf eine Schule zu gründen.

Staat und Kirche sind jetzt getrennt, die Bildung von jeglichem religiösem Einfluss befreit. Der Besuch der Schule ist kostenlos, aber per Gesetz verpflichtend. Louise soll der Dorfgemeinschaft die neue Bildungsordnung aufzwingen, um die Ideale der Republik mit Leben zu erfüllen. Ein schwieriger Auftrag, dessen Erfolgsaussichten selbst die Behörden mit Skepsis betrachten.

Liebloser Landempfang: Bürgermeister Joseph (Grégory Gadebois) zeigt der Pariser Lehrerin bei ihrer Ankunft zunächst
die kalte Schulter.
© Neue Visionen Filmverleih

Schnell wird klar, dass Louise im Dorf nicht willkommen ist und die einfachen Menschen wenig Interesse an Bildung zeigen. Bei Louises Ankunft weist ihr der Bürgermeister Joseph einen kärglichen Schuppen neben seinem Haus zu, den sie mit einer Kuh teilt. Hier muss sie nicht nur wohnen, sondern auch Unterricht erteilen. Wochenlang wartet Louise vergeblich auf Schüler.

Die Bauern brauchen ihre Kinder bei der harten Arbeit auf den Feldern. Schließlich muss man nicht lesen und schreiben können, wie viele meinen. Louise besucht die Familien, um sie im persönlichen Gespräch von der Bedeutung der Bildung zu überzeugen. Zur ihrer Überraschung erhält sie hierbei die Unterstützung des Bürgermeisters.

Bei einem ihrer Hausbesuche, hilft sie einer hochschwangeren Frau bei der Geburt des Kindes, als der Arzt zu spät kommt. Durch ihre unerwartete Rolle als Hebamme gewinnt Louise allmählich den Respekt der Dorfgemeinschaft. Einige Zeit danach erscheinen endlich die ersten Kinder zum Unterricht.

Lesen, lernen, lachen: Der Traum von einer besseren Welt könnte durch Louise Violet (Alexandra Lamy) Wirklichkeit
werden.
© Neue Visionen Filmverleih

Aber das bedeutet nicht, dass Louise voll akzeptiert wird. Vor allem manche Frauen misstrauen der Lehrerin, halten sie für arrogant und sind eifersüchtig auf ihre wachsende Beliebtheit. Dennoch scheint sich das Blatt zugunsten der engagierten Louise und ihrer Mission zu wenden. Der Bürgermeister beschafft sogar Mittel für den Bau eines ordentlichen Schulgebäudes. Doch dann kommt ein nicht unbedeutendes Ereignis aus der Vergangenheit der Lehrerin ans Licht, droht die Bauarbeiten und Louises gesamtes Projekt zum Scheitern zu bringen.

Wie seine beiden früheren Filme ist auch LOUISE UND DIE SCHULE DER FREIHEIT einfach schön anzusehen. Der Film schwelgt in opulenten Bildern, die mitunter an prächtige alte Gemälde erinnern. Kameramann Laurent Daillant gelingen wunderbare Aufnahmen von Landschaft, Natur, historischen Kostümen und Geräten. Alles wirkt authentisch.

Mit Bildungsauftrag im Gepäck: Louise Violet (Alexandra Lamy) flieht vor ihrer tragischen Vergangenheit.
© Neue Visionen Filmverleih

Die idyllischen Bilder täuschen jedoch nie ganz über den beschwerlichen Alltag der Dorfbevölkerung und ihre mühsame Plackerei auf den Feldern hinweg. Auch dafür hat Besnard ein Auge. So ist es kein Wunder, dass Louise in diesem Milieu zunächst auf Ablehnung stößt. Während die Lehrerin zu Recht Bildung als Weg zur persönlichen Freiheit propagiert, haben die erwachsenen Dorfbewohner durchaus verständlich Angst vor Veränderung. Hinzu kommt die Unsicherheit, die entstehen kann, wenn die Kinder mehr wissen als man selbst. Und was passiert, wenn die Kinder weggehen, um anderswo ihr Glück zu suchen?

So treffen sozial fortschrittliche Gedanken auf einen fest wurzelnden ländlichen Konservatismus, zu dem auch die Abneigung gegen sozialistische oder gar kommunistische Landumverteilungsideen gehört.
Die Besetzung der Rollen ist hervorragend, allen voran Alexandra Lamy mit ihrer nuancierten Darstellung der Louise und Grégory Gadebois als anfänglich brummiger Bürgermeister Joseph, der sich unter dem Einfluss der starken Louise seine alten, konservativen Gewissheiten in Frage stellt und sich der neuen Zeit öffnet.
LOUISE UND DIE SCHULE DER FREIHEIT ist ein charmanter, unterhaltsamer Film mit schöner Kameraführung und Hauptdarstellern, die die Geschichte überzeugend tragen.

Titelfoto: Demokratie beginnt im Klassenzimmer: Die Schule von Louise Violet (Alexandra Lamy) ist für alle geöffnet. © Neue Visionen Filmverleih

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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