Zur Zeit gehört die Fernsehserie „Babylon Berlin“ zu den aufregendsten und unterhaltsamsten Sendungen. Das pulsierende Berlin der Weimarer Republik ist auch das Thema der Werke, mit denen sich die Malerin Lotte Laserstein einen Namen gemacht hat.
In ihren Gemälden zeigte die Künstlerin das sie umgebende Berliner Leben, richtete dabei den Fokus auf Darstellungen der sogenannten „Neuen Frau“.
Sie fing ihre Bildmotive mit einem dezidiert weiblichen Blick ein. Nach der schnell folgenden Anerkennung ihrer Kunst, endete ihre Karriere jedoch schlagartig: Aufgrund der politischen Bedingungen im Nationalsozialismus wurde die Malerin, die zwar christlich getauft war, doch aufgrund ihrer Großeltern als jüdisch deklariert wurde, zunehmend aus dem öffentlichen Kulturbetrieb ausgeschlossen.
1937 gelang es ihr, Deutschland zu verlassen und nach Schweden zu emigrieren, wo sie allerdings nicht mehr an ihre frühen Erfolge anknüpfen konnte.
Das Frankfurter Städel Museum präsentiert die Malerin Lotte Laserstein (1898–1993) in einer umfassenden Einzelausstellung.
Lotte Lasersteins favorisiertes Thema ist der Mensch in all seinen Facetten, weshalb sie sich hauptsächlich der Porträtmalerei widmet. In ihren Porträts setzt sie virtuos die Menschen der Zwischenkriegszeit ins Bild. Dabei zeichnen Nüchternheit, Modernität wie auch psychologische Tiefe ihre Darstellungen aus.
In ihrem Werk gibt es ebenso Motive, die von der Technik- und Sportbegeisterung der Zeit künden, doch sind diese zahlenmäßig weit weniger bedeutend. In ihren Bildnissen malt Laserstein Typen des modernen Alltags: sportive Frauen, sich schminkende junge Mädchen, einen Motorradfahrer in voller Montur und modisch gekleidete Großstädterinnen. Die Künstlerin spielt mit Zitaten aus der Kunstgeschichte und baut oftmals Spiegelungen und Verdoppelungen der Figuren ein.
Häufig malt sie komplexe Kompositionen, in denen sie sich auch selbst beim Malen im Atelier zeigt, um auf ihre Rolle als akademisch ausgebildete Künstlerin zu verweisen. Darüber hinaus entwirft Laserstein mit ihren modisch gekleideten Protagonistinnen den Typus der emanzipierten Städterin, die sich ohne männliche Begleitung frei und selbstbewusst im öffentlichen Raum bewegt. Dieses zeitgenössische Bild der sogenannten „Neuen Frau“ ist von besonderem Interesse für sie. So machen Frauenporträts auch den größten Teil ihrer Kunst aus, selten fertigt sie Bildnisse von Männern an.
Lotte Lasersteins Modell Traute Rose
Neben den professionellen Modellen an der Akademie und sich selbst porträtiert Laserstein immer wieder ihre langjährige Muse und Freundin Gertrud Rose (geb. Süssenbach), genannt Traute. Diese verkörpert den Typus der „Neuen Frau“, wie er in den Zwischenkriegsjahren in den Medien geradezu propagiert wurde, und ist damit ein ideales Modell. Rose entspricht – genau wie Laserstein selbst – dem Ideal der Zeit: eine androgyne, sportliche, emanzipierte junge Dame mit Bubikopf und locker sitzender Kleidung. In ihren Porträts erscheint Rose mal als Tennisspielerin, mal in Doppelporträts an der Seite der Künstlerin oder als Aktmodell im Kontext des Ateliers.
In Abgrenzung zu herkömmlichen Darstellungen weiblicher Modelle durch männliche Künstler, in denen die Frau zum objektivierten Gegenüber des Malers wird, zeugen die Bilder Lasersteins von der gleichberechtigten und vertrauten Beziehung zwischen den beiden Freundinnen. Dies wird besonders in Vor dem Spiegel von 1930/31 und In meinem Atelier (1928) deutlich, in denen Rose jeweils nackt und Laserstein in der Rolle der Malerin zu sehen ist.
Besonders diese Aktdarstellungen führten in der Forschung immer wieder zur Annahme einer homosexuellen Liebesbeziehung zwischen den beiden Frauen, wofür es jedoch keinerlei biografische Hinweise gibt. Mit Traute Rose, die in Deutschland blieb, verband Laserstein zeitlebens eine tiefe Freundschaft und die beiden führten auch während ihrer Zeit in Schweden eine umfangreiche Korrespondenz.
Das Städel Museum Frankfurt zeigt das Werk der Lotte Laserstein in einer umfassenden Einzelausstellung noch bis zum 17.3.2019
Titelbild: Lotte Laserstein (1898-1993)
Liegendes Mädchen auf Blau, um 1931
Öl auf Papier, 69 × 93 cm
Privatbesitz, Courtesy DAS VERBORGENE MUSEUM, Berlin
Foto: DAS VERBORGENE MUSEUM, Berlin
© VG Bild-Kunst, Bonn 2018