Lady Bird – Filmtipp

Ich wohne auf der falschen Seite der Bahngleise, wird Christine „Lady Bird“  (Saoirse Ronan) im gleichnamigen Film  sagen, denn die Familie McPherson lebt in eher bescheidenen Verhältnissen. Der Vater ist gerade arbeitslos geworden, die Mutter (Laurie Metcalf) arbeitet als Krankenschwester und übernimmt jede zusätzliche Schicht, die sie bekommen kann. Die Sonne scheint dauerhaft im kalifornischen Sacramento und so scheinen auch die Konflikte mehr als normaler Familientrouble zu sein.

Denn die 17-jährige Christine, die sich „Lady Bird“ nennt, fühlt sich momentan nur bei ihrer Freundin Julie wohl, mit der sie jetzt im letzten High-School-Jahr eine Theatergruppe besucht. Sie verliebt sich bei den Proben in Danny, der aber weiß noch nicht richtig, ob er Frauen liebt. Bis er schließlich sein Coming out hat. Zwischenzeitlich hat Lady Bird seine Familie kennengelernt, die in einem imposanten Haus auf der richtigen Seite der Bahngleise lebt.

Die eigenwillige Lady Bird ist überzeugt davon, dass das echte Leben woanders stattfindet, sie will weg von Zuhause. Ihrem Vater, dem sie sehr zugetan ist, vertraut sie an, dass sie an einer New Yorker Universität studieren will. Ihrer Mutter verschweigt sie diesen Entschluss, die dem Teenager die Abnabelung nicht leicht macht.

Christines leidenschaftliche, freiheitsliebende Lebenslust findet Kyle (TIMOTHÉE CHALAMET ) sehr anziehend, den sie, nachdem es mit Danny aus ist, kennengelernt hat. Und erstmals erlebt Lady Bird echte, überwältigende sexuelle Anziehung. Und sie bekommt die Zulassung zur Universität fernab von zu Hause, ihre Mutter weiß nichts davon….

Mutter und Tochter Foto: Universal Picture
Mutter und Tochter haben ein gespanntes Verhältnis zueinander. Foto: Universal Pictures

Die Themen Zuhause, Abnabelung von den Eltern und die Entwicklung der eigenen Identität stehen in diesem Film im Vordergrund. Und die hat die Regisseurin GRETA GERWIG, die auch das Drehbuch geschrieben hat, mit viel sensiblem psychologischen Gespür in Szene gesetzt. Szenen, die berühren, aber nicht kitschig oder sentimental sind. Wenn Mädchen erwachsen werden, sind es oft die Mütter, die kritisch gesehen werden. Sie sind lange Zeit Rollenvorbilder, doch in der entscheidenden Zeit, wenn die Tochter selbst eine weibliche Identität herausbildet, scheinen sie als Vorbild plötzlich untauglich zu sein.

Ein verstörender Zustand, der für beide – Mutter und Tochter – emotional schwierig zu bewältigen ist.

Authentisch und deshalb so überzeugend fängt der Film „Lady Bird“ diese emotionale Gespaltenheit ein, zeigt die Bedeutung von familiärer Geborgenheit, Freundschaft und Vertrauen auf, die ein Teenager braucht, um erwachsen zu werden.

Mühelos und mit eigensinnigem Charme schauspielert sich Saoirse Ronan in die Herzen der Zuschauer*innen hinein. Ein hinreißender Film – ab heute in den Kinos!

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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