Kuss-Quartett //Nico & The Navigators: Force & Freedom

Gestern Abend war im schönen Konzertsaal des Konzerthauses Dortmund die Uraufführung „Force & Freedom“ zu erleben. Die Musik Beethovens die „Große Fuge für Streichquartett B-Dur op. 133“ und das „Streichquartett F-Dur op. 135“. Beide sind bereits häufig interpretiert worden. Doch sicher selten so, wie vom Kuss-Quartett und dem einzigartigen Musiktheater-Kollektivs „Nico & The Navigators“ auf der Bühne zelebriert. Dort ist vor einem dunklen Vorhang ein großer Bildschirm zu sehen und ein elegant geschwungenes, hellblaues Möbel, ein Halbmond, der während der Vorstellung sehr variabel eingesetzt wird.

Force & Freedom

Beethoven selbst war, wie wir alle wissen, durch seine Taubheit, aber auch durch die Wirren der damaligen Zeit in allerlei Zwängen gefangen. Sich daraus zu befreien war ein verständliches Bedürfnis, mit der Macht der Musik ist es ihm gelungen. Das Thema bildet den roten Faden, der sich durch die Musik und die Performance zieht. Die vier Musiker*innen vom Kuss Quartett betreten die Bühne barfuß und beginnen mit dem ersten Satz des Streichquartetts Opus 133 von Beethoven. Nur wenig später tänzelt Tänzerin Yui Kawaguchi auf die Bühne, interpretiert die Musik mit gestikulierenden Händen, sich windenden Armen und Bewegungen, die im stetigen Dialog mit der bewegenden ekstatischen Musik Beethovens stehen und sie in (Körper)Gefühle übersetzen.

Dann umkreist die Tänzerin die Musiker, die beim Spiel ihrer Instrumente großes kammermusikalisches Feingefühl und perfektes Können offenbaren. Yui Kawaguchi performt ästhetisch perfekte Breakdance-Figuren, während auf dem riesigen Bildschirm eine schwarz-weiße Landschaft aus schroffen Felsen und Geröllstaubwirbel zu sehen ist.

„Muss es sein…?“Es muss!

Frage und Antwort, sie sind uns nicht unbekannt, nur mit dem Unterschied, dass Ludwig van Beethoven diese Worte mit genialen Tönen versah. Neben dem Titel „Der schwer gefasste Entschluss“ stehen Frage und Antwort über dem Schlusssatz seines 16. Streichquartetts. Von Grave – „Muss es sein?“ bis Allegro – „Es muss sein!“ entspinnt sich ein Fragedialog, der eindrucksvoll, humorvoll und leichtfüßig im Spiel des Quartetts zum Ausdruck gebracht wird.
Und diese Leichtfüßigkeit setzten Tänzerin und Darsteller weiter fort. Ted Schmitz, Tenor und Performer, zitiert Worte von Beethoven und singt Liedfragmente. Er ist live und auf der Leinwand zu sehen, so wie andere kurze überraschende Sketch-artige Passagen, die witzig und klug, jedoch technisch die Zeit Beethovens hinter sich lassen, auch als ganz leise eine E-Gitarre den Beatles-Song „Because“ intoniert.

Dem großen Ludwig van Beethoven ist mit diesen Kompositionen wiederum gelungen, zu zeigen, was es heißt, Mensch zu sein. Force & Freedom bietet wirklich ein großartiges Kunstspektakel, das mit Macht auf die Zuschauer*Innen im Konzertsaal Dortmund trifft. Am Ende belohnen sie die Künstler*Innen für ihre tolle Darbietung mit lang anhaltendem Applaus und „Standing Ovations“.

Titelbild: Ausschnitt eines Screenshot Konzerthaus Dortmund, zeigt das Kuss Quartett

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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