Kein bisschen leiser: Paul McCartney wird 80

Paul McCartney wird am 18. Juni 80.  Wir gratulieren dem berühmten Jubilar zu seinem Geburtstag herzlich und werfen einen Blick auf eine außergewöhnliche musikalische Karriere.

„When I’m Sixty-Four“ schrieb McCartney,  als er noch ein Teenager war. Für das legendäre Beatles-Album Stgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band nahm er den Song ein paar Jahre später auf. Da war er 25. Ein nettes, fröhliches Schunkelliedchen darüber, wie sich der damalige Bassist der Fab Four das gemeinsame Leben mit seiner Liebsten mit 64 Jahren vorstellte: ein bisschen im Garten arbeiten, Unkraut jäten, die Sicherung reparieren, wenn das Licht kaputt ist, sonntags morgens ausreiten und einmal im Jahr ein Ferienhaus auf der Isle of Wight mieten, wenn’s denn nicht zu teuer ist.  

So beschaulich war McCartneys Leben mit 64 und in den Jahren danach auch nicht. Und bereits eine Woche nach seinem 80. Geburtstag wird er seinen zweiten Auftritt als Headliner auf dem renommierten Glastonbury-Festival feiern – sein erster im Jahre 2004 war ein überwältigendes Erlebnis, das der Ex-Beatle mit der Schlacht von Azincourt verglich. Noch lange nachdem der Musiker die Bühne verlassen hatte, sang eine riesige Menschenmenge den Refrain von „Hey Jude“. 

Seitdem ist er weiter auf dem Vormarsch und mischt ganz vorne mit. Sein letztes Soloalbum McCartney III war das Erste, das seit 1989 wieder auf Platz eins der britischen Charts kletterte. Auch in Deutschland und vielen anderen Ländern war es erfolgreich. Damit markiert er den vorläufigen Höhepunkt einer einzigartigen musikalischen Karriere, in deren Verlauf er mehr als 100 Millionen Tonträger verkaufte.

Paul the „Fab Macca Wacky Thumbs Aloft“

Wegen seiner Liebe für familienfreundliche Liedchen wurde er in manchen Kreisen gar als Spießer abgestempelt. McCartney störte es nicht und entgegnete seinen Kritikern 1976: „Manche Leute wollen die Welt mit albernen Liebesliedern füllen. Und was ist daran falsch? Das würde ich gerne wissen, denn schon gehts wieder los.“

Millionen Fans in aller Welt gaben ihm da wohl recht. Sein „Mull of Kintyre“, eine Hymne auf die Schönheit der schottischen Landschaft, verkaufte sich weit besser als jeder andere Beatles-Hit zuvor. Und auch seinen Spitznamen „Fab Macca Wacky Thumbs Aloft“, den ihm ein britisches Musikmagazin in ironischer Anspielung auf die vielen Nahaufnahmen verpasst hatte, die ihn mit dem Daumen nach oben zeigten, trug er mit Fassung.

Dabei gab es durchaus manche böse Schicksalsschläge und Frustrationen im Leben des genialen, scheinbar unbekümmerten Ex-Beatle. 1956 erlag seine Mutter den Folgen ihrer Krebserkrankung. Da war er 14. In einer fatalen Duplizität des Schicksals starb 1998 seine Frau, die Fotografin und Keyboarderin Linda Eastman, ebenfalls an Krebs. Vor allem der Tod Lindas setzte ihm stark zu. Er habe danach ein Jahr lang nur geweint, bekannte er in einem Interview. Auch die Ermordung seines ehemaligen Bandkollegen und Freundes John Lennons und der Tod des Beatles-Gitarristen George Harrisons, den er seit Kindestagen kannte, erschütterten ihn, wenngleich er diese Niederschläge offensichtlich mit größerer Contenance trug.

Dass er die Beatles nach dem frühen Tod ihres Managers Brian Epstein 1967 nur widerwillig leitete, war eine Quelle schwelender Frustration, vor allem für das sehr talentierte dritte Rad am Wagen, George Harrison. Jacksons Dokumentarfilm über die Entstehung des Albums Let It Be macht dies vor allem in einer Szene im Studio deutlich, in der ein von McCartneys Kritteleien sichtlich genervter Harrison mit einem grimmig-höflichen Ausdruck der Verzweiflung ironisch sagt: „Ich spiele, was du willst, egal was. Oder ich spiel‘ auch gar nicht, wenn du nicht willst, dass ich spiele. Weißt du, was auch immer dir gefällt, ich mach’s. Aber bei dem hier, glaub‘ ich, weißt du’s gar nicht.“

John Lennon hasste die in seinen Augen betuliche Häuslichkeit einiger Texte seines Partners und kanzelte sie als Geschichten über langweilige Leute wie Postboten und Sekretärinnen ab, die langweilige Dinge tun.

Bis heute der beliebteste Beatle

McCartney erfährt allenthalben eine so große Verehrung, dass er beim Tee mit der Queen und Paddington Bär beim 70. Thronjubiläum im Buckinghampalast durchaus nicht fehl am Platz gewesen wäre.

Legendär sein Auftritt bei der „Late Late Show with James Cordon“, wo er mit seinem Gastgeber im Taxi durch Liverpool fährt und ihn zum Weinen bringt, als er den Song „Let It Be“ singt.

Auch bei der jüngeren Generation Musiker kommt McCartney verdammt gut an und ist ein begehrter Kollaborationspartner. 20212 führte er eine kurze Nirvana-Reunion an, die scherzhaft „Sirvana“ genannt wird. So angesagte Musiker wie Phoebe Bridgers und St. Vincent brauchte er im vergangenen Jahr nicht lange zu überreden, sein neuestes Material auf dem Cover-Album McCartney III Imagined zu bearbeiten.

Nach der Auflösung der Beatles folgte ein Jahrzehnt mit den Wings. Die Band, für die er exzellente Musiker um sich versammelt hatte, war nicht so bahnbrechend wie die „Fab Four“, ihre Alben erreichten aber vor allem in den USA durchweg respektable Verkaufszahlen.

In den Achtzigern arbeitete er mit Musikern wie Stevie Wonder, Michael Jackson und Elvis Costello zusammen, gab Wohltätigkeitskonzerte und eine Stadion-Tournee unter eigenem Namen, bei der er wieder zahlreiche Beatles-Songs spielte.

McCartneys am häufigsten gestreamter Song auf Spotify ist FourFiveSeconds, eine Zusammenarbeit mit Kanye West und Rihanna aus dem Jahr 2015, mit der er das gesamte Beatles-Material übertrifft.

Die unsägliche Covid-Pandemie hinderte ihn daran, seine letzte Tournee anzutreten, für die auch Auftritte in Deutschland geplant waren. Er hätte es dabei belassen und sich zur Ruhe setzen können. Stattdessen machte er zu Hause weiter Musik und legte McCartney III vor – ein Nachfolger seiner Soloalben McCartney (1970) und McCartney II (1980),der weithin mit echter Bewunderung aufgenommen wurde statt der obligatorischen Zustimmung, die häufig bloß mit Respekt vor längst vergangenen Leistungen einhergeht. 

Wie bei so vielen alten Giganten der Rockmusik, die wir wohl nicht mehr so häufig sehen werden wie die Rolling Stones oder Bob Dylan, ist es auch bei Paul McCartney klar, dass er weitermachen wird, bis es physisch nicht mehr möglich ist.

Und auch wenn er seine magischen Lieder nicht mehr selbst singen kann, werden diese und der erhabene Geist, aus dem sie entstanden sind, für immer weiterleben.

„Celebrating Paul“

Ohne Hamburg gäbe es die Beatles vielleicht gar nicht. Klar, dass es dort besondere Feierlichkeiten gibt. Prominent besetzt ist das Tribute-Konzert am 19. Juni. Für Fans, die nicht in Hamburg dabei sein können, gibt es den dazugehörigen Livestream unter www.livefrom.hamburg oder online beim NDR oder unter dem Youtube-Link

Titelfoto by Darkmoon_Art from Pixabay

Standardbild
Hans Kaltwasser
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