Die beiden Jazzmusiker Julian und Roman Wasserfuhr sind offenbar ganz gut durch die Pandemie gekommen. Nicht weniger als 42 Songs schrieben in den vergangenen zwei Jahren die beiden Brüder aus dem beschaulichen Hückeswagen im Bergischen Land. Die elf Stücke, die es auf ihr neues exzellentes Album MOSAIC schafften, sind die Quintessenz aus diesem kreativen Schub.
Kein geschlossenes Konzept
Konzeptionell steckt nicht viel hinter dem Werk, dem kein übergreifendes Thema zugrunde liegt. Wie der Titel MOSAIC andeutet, handelt es sich um lose aneinandergereihte, in Klangfarbe und Stil unterschiedliche Einzelteile, deren Zusammensetzung ein stimmiges, harmonisches Ganzes ergibt, das unverkennbar die musikalische DNA der beiden Brüder zeigt: Julians rauchige Trompete und Romans elegantes, klassisches Klavier, die dem Projekt ein solides Rückgrat geben sowie der fließende Stil der Musiker, der gerade in dieser Kombination an Stärke gewinnt.
Exzellente musikalische Partner
Für die Produktion ihres Albums haben sich die Wasserfuhrs hervorragende Gastmusiker geholt, mit denen die Songs in unterschiedlichen Besetzungen mal als Quintett, mal als Quartett und dann wiederum als Trio eingespielt wurden. Darunter sind der Drummer Keith Carlock, der schon für Steely Dan und Toto trommelte, der Bassist Tim Lefebvre, den unter anderem David Bowie und Elvis Costello ins Studio holten, der Cellist Jörg Brinkmann und die beiden Tenorsaxofonisten Paul Heller und Tony Lakatos.
Eine Erschwernis für die Entstehung des Albums bestand darin, dass sich die Musiker wegen der Kontakt- und Reisebeschränkungen nicht im Studio treffen und gemeinsam spielen konnten. Die Grundaufnahmen haben die Wasserfuhrs deshalb mit allen Instrumenten im Home-Studio selbst eingespielt und den beteiligten Kollaborateuren zugeschickt. Diese schalteten ihre betreffende Spur dann stumm und spielten ihren Part drauf. Per Ferneinspielungen wurde die Musik sodann im heimischen Wasserfuhr-Studio abgeliefert, wo sie angepasst, neu aufgenommen und abgemischt wurde.
Stimmiges, melodiöses Gesamtwerk mit Überraschungen
Das Ergebnis ist ein bemerkenswert stimmiges Album, das keineswegs künstlich zusammengebastelt, sondern rund und organisch wie ein harmonisches Ganzes klingt. Auf „Aki Puh“ spielen die Musiker ein sanft geschwungenes Thema mit einer schwebenden, lyrischen Trompete, in die sich fugenlos Tony Lakatos‘ Tenorsaxofon einfügt, bevor es seine eigenen verschnörkelten Linien zeichnet.
Es sind vor allem die Melodien der Wasserfuhrs, die einen sofort in den Bann ziehen. Sie sind charmant und aufmunternd und stecken voller Überraschungen: Das Stück „Forward“ ist ein beschwingter Highland Folkdance, in dessen Flow sich die siedend heißen E-Gitarren von Vitaliy Zolotov einschneiden. „Hank“ beginnt als schlammig-erdiger New-Orleans-Groove und changiert dann sanft in eine Molltonart. Der Song „Target II“ beginnt als stakkatoartiger Softrock und endet schließlich in einem heiteren Swing. Und bei Nirvanas Klassiker „Smells Like Teen Spirit“ loten die Musiker mit hörbar großem Spaß ihre Improvisationskünste aus und verpassen dem düsteren-nihilistischen Song eine geradezu fröhliche Note.
Fazit: Mit MOSAIC ist Julian & Roman Wasserfuhr ein vorzügliches, facettenreiches Jazzalbum mit erstklassigen internationalen Kollaborationspartnern gelungen, das allen Jazzfreunden gefallen wird.
Julian & Roman Wasserfuhr
Mosaic
Format:CD
Kat Nr.:ACT 9950-2
Barcode:614427995025
VÖ. Deutschland:26.08.2022 beim Label ACT
Foto: ACT/Nikolas Müller