John Carroll Kirby: My Garden – CD-Tipp

„Man kann jemanden daran erkennen, welchen Umgang er pflegt“, sagt eine alte Weisheit.  John Carroll Kirby hat sich in den letzten Jahren in einer exklusiven Gesellschaft bewegt. Von Solange über Blood Orange, Frank Ocean, Shabaz Palaces bis zu Harry Style hat der US-Pianist an einigen der bedeutendsten Alben der letzten Jahre mitgearbeitet, freilich ohne, dass seine Beiträge als Pianist, Komponist oder Produzent sonderlich gewürdigt worden wären. Daneben hat er immer wieder mal seine eigenen Alben gemacht, kleine instrumentale Vignetten, die sich allesamt durch sanft schmeichelnde Electronica und eingängige Melodien auszeichneten. Dieser Tradition ist der Kalifornier auch auf seinem neuen Album MY GARDEN treu geblieben, dessen neun Titel – eine gefällige Melange aus schickem Acid Jazz, Synthie-Improvisationen und New-Age-Miniaturen – sich eher als Soundtrack für Filme denn als vollwertige Songs präsentieren.  

Bei den Titeln „Blueberry Beads“ und „Wind“, mit denen das Album eröffnet bzw. schließt, funktioniert das klangliche Understatement am besten. Weder der erstere, der einfache Duo-Klavierakkordfolgen mit verwaschenen Synthie-Flächen und Flöten-Sampling effektvoll kombiniert, noch die melancholischen freien Klavierimpressionen des letzteren haben es sonderlich eilig zu beeindrucken, sondern bitten den Hörer gemächlich, aber unwiderstehlich zu sich.  

Ebenso spannend ist der Titel „Lay You Down“, dessen dystopische Lounge-Jazz-Ästhetik eine vertraute und gleichzeitig unheimliche Fremdheit ausstrahlt.

An anderer Stelle vermag MY GARDEN dagegen leider weniger zu überzeugen. Stücke wie „Night Croc“ und „By the Sea“ sind liebenswürdig unaufdringlich, vermögen aber über betulichen Wohlklang im Grunde nicht hinauszukommen.

Andere wiederum, wie der Song „Arroyo Seco“, schleppen sich gefühlt endlos lange dahin oder erschöpfen sich in exquisit gestalteter, aber belangloser Klangästhetik. In gewisser Weise machen sie das Album zu einem treffenderen Porträt seines Schöpfers, als Kirby es vielleicht selbst beabsichtigt hat: Voller Verheißung, Intelligenz, Sensibilität und mit einem unbestreitbar sicheren Gespür für Grooves, aber ohne den Schuss Pep, der erforderlich wäre, um allein für sich zu glänzen.

My Garden VÖ: 24. April bei Stones Throw veröffentlicht.

Foto: Noel Quintela

Standardbild
Hans Kaltwasser
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