Literatur, Theater, Musik gehen hier eine grandiose Verbindung ein, die es so noch nicht gegeben hat. „Jedermann“ nicht in den Händen des Todes, sondern in der Elektrohand Gottes und Phillip Hochmairs. Sie heben das Mysterienspiel aus dem 16. Jahrhundert, in einer von Hochmair bearbeiteten Form der Verse von Hugo von Hofmannsthal ins Hier und Jetzt.
Bereits fünf Jahre ist Philipp Hochmair mit seiner Band „Die Elektrohand Gottes“ und „Jedermann reloaded“ auf Tour. Nun ist es als Album produziert der Vergänglichkeit entrissen – zumindest eine Zeit lang.
Um Vergänglichkeit geht es auch im Stück „Jedermann“, in dem Hochmair in diesem Sommer in Wien für den erkrankten Tobias Moretti einspringen musste – mit großem Erfolg.
Bereits der Titel deutet auf uns wie ein Zeigefinger, denn jeder Mann, jede Frau ist vergänglich. Davor zu fliehen, versuchten Menschen damals wie heute. Die einen, indem sie Unvergesslichkeit durch ihre Werke anstreben, die anderen, indem sie Geld anhäufen oder sich nach ihrem Tod vereisen lassen. Der Text ist somit auf unheimliche Art aktuell, und so lässt uns die Stimme Hochmairs auch oft erschauern, wenn er alle Rollen rezitierend uns in diese Zeitlosigkeit des Jenseits mitnimmt. Getrieben von dem Wahn, Unsterblichkeit zu erlangen, unterstützen die treibenden Gitarrenriffs und experimentellen Elektrosounds den Ruhelosen, der seiner Buhlschaft einen Lustgarten errichten will. Der sich wenig generös seinen Schuldnern gegenüber zeigt und nur einmal Mitleid mit Kindern und deren Mutter beweist.
Mit seiner Buhlschaft auf dem Festplatz weiß „Jedermann“ plötzlich, dass er sich zwischen Leben und Tod befindet. Als der Mammon, an den er während seines Lebens so heftig geglaubt hat, die Gefolgschaft in den Tod verweigert, ist Jedermann allein.
Ein schlagender, sich wiederholender Rhythmus und heulende Töne kündigen an, dass es für ihn nun heißt, Abschied zu nehmen. Die Musik wird choral – erinnert an Kirchenmusik und durch ein Stimmengewirr hört man „Jedermann“ rufen: „Ich glaube, ich glaube…“ Er versöhnt sich mit Gott.
Stimmungsvoll, manchmal schräg, albtraumhaft und unter die Haut gehend katapultieren Musik und Sprechakte des außergewöhnlichen 14-teiligen Albums den Zuhörer/die Zuhörerin in eine Welt, die fern und doch zu nah und gegenwärtig auf jeden von uns wartet.
Live-Termin: 06.12.2018 | Thalia Theater Hamburg
JEDERMANN RELOADED – PHILIPP HOCHMAIR & DIE ELEKTROHAND GOTTES
VÖ: 25 Januar 2019
Label: Elektrohand Gottes
MUSIK: DIE ELEKTROHAND GOTTES
TEXT: HUGO VON HOFMANNSTHAL – GEKÜRZT VON PHILIPP HOCHMAIR
Seit 2013 performt Philipp Hochmair gemeinsam mit dem Gitarristen Tobias Herzz Hallbauer, dem Elektroklangkünstler Jörg Schittkowski und (seit 2016) dem Schlagwerker Alvin Weber. Gefunden hat sich das Künstlerkollektiv für das Projekt „Jedermann Reloaded“. Sie touren zur Zeit auch mit der Performace „Schiller-Balladen-Rave“.
https://soundcloud.com/elektrohand-gottes
Foto: © RAFAELA PROELL