JAZZ IS DEAD 6: Ali Shaheed Muhammad und Adrian Younge

Definitionen des Jazz gibt es viele. Eine unter ihnen besagt, dass Jazz ein Zwiegespräch ist – ein Gedankenaustausch zwischen Musikern, aber auch zwischen Band und Publikum. Anders als der Titel vermuten lässt, zeigt die Reihe Jazz is Dead von Ali Shaheed Muhammad und Adrian Younge  nicht nur, dass das Genre quicklebendig ist, sondern auch Generationen und Genres überspannt.

Auf jedem Album der Serie treffen die Hip-Hop-, Funk- und Soul-Wurzeln des Duos jeweils auf altehrwürdige Spieler wie Roy Ayers, Doug Carn und Marcos Valle. Der Clou dabei ist, dass Muhammad und Younge bei ihren Produktionen das gleiche originale Vintage-Aufnahmeequipment einsetzen, welches die betreffenden Ensembles bereits in den 60er und 70er-Jahren verwendet haben.

Auf ihrem jüngsten Werk JAZZ IS DEAD 6 kooperiert das Duo Muhammad und Younge mit dem Saxofonisten Gary Bartz, dessen Katalog neben Bebop, Hard Bop, Free Jazz Spiritual Jazz, Soul Jazz, Jazz-Funk, Fusion und Acid Jazz umfasst. Daneben flirtete Bartz immer mal wieder mit diversen Richtungen des Pop. So bleibt der Musiker auf der Höhe der Zeit. Egal, welcher Sound ihm über den Weg läuft, er packt zu und assimiliert ihn stets gekonnt.

Stücke wie „Blue Jungles“ zeigen, dass Bartz auch mit seinen achtzig Jahren noch rüstig ist und voller Energie steckt. Mühelos fügt sich sein Altsaxofon in den brodelnden Groove und die kratzende Wah-Wah-Gitarre ein. Beim mit Neo-Soul-Splinter versetzten Song „Day By Day“  ist sein melodisches Singsang-Solo dagegen ebenso verträumt wie die schimmernden Klavierakkorde und das sanfte Gurren im Hintergrund. Die Überraschung hier ist jedoch der unerwartete und großartige Vocal Refrain, der auf ein Element zurückgreift, das Fans der Mizell Brothers bekannt sein dürfte.

Mit seiner treibenden Basslinie wurzelt „The Message“, das spirituelle und emotionale Herzstück des Albums, im klassischen Modal Jazz der 70er- Jahre. „Black And Brown“ wiederum bringt uns die klassischen, ausgedehnten Fusion Jam Sessions der 70er-Jahre zurück, die hier allerdings auf intensivste knapp drei Minuten verdichtet sind, in denen Bartz sein Saxofon mit großer Hingabe bläst. Virtuos und mit großer Eleganz bewegen sich die Melodiebögen um Muhammads wuchtiges, energiegeladene Schlagzeugspiel herum. In Stücken wie „Spiritual Ideation“ und „Distant Mode“ kehrt Bartz dagegen zu dem warmen, butterweichen Ton zurück, der ihn einst zu einem Star des Jazz Funk machte.

Grooviger Hip-Hop trifft auf eine wunderbare Retro-Funk-Odyssee. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Free Jazz Revolution ist es ermutigend, dass ehrwürdige Veteranen wie Gary Bartz hier mit seinem großartigen Album JAZZ IS DEAD 6 nicht nur immer noch aktiv sind, sondern genauso engagiert klingen und über Generationen und Genregrenzen hinweg wirken. 

https://jazzisdead.co/

Standardbild
Hans Kaltwasser
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