Horst Eckert, besser bekannt als Janosch, hat so manche Kindheit mit seinen liebevollen und außergewöhnlichen Figuren wie den kleinen Bär, den kleinen Tiger, den Mäusesheriff, Onkel Popoff, Wondrak oder Luise verschönert.
Sie sind immer auf der Suche nach ihrem persönlichen Panama. Absichtsvoll oder unbemerkt verlassen sie Wirklichkeit und Wahrheit, erleben das Bekannte neu und wieder, lernen und lehren, das Normale als besonders und das Besondere als normal zu sehen.
Zu seinem 90. Geburtstag widmet das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) dem international bekannten Illustrator, Autor und Lebenskünstler Janosch eine große Ausstellung. Im Mittelpunkt steht seine Lebenskunst. Sie ist Teil der Inszenierung seiner Biografie. Janoschs Kunst, dem Leben zu begegnen, zieht sich auch in vielen Facetten durch sein Schaffen und spiegelt sich in seinen Figuren.
Er zeigt keine heile Welt – seine Welt ist roh und zärtlich zugleich, voll Schönheit, Wünschen und Freundschaft, aber auch voll Grausamkeit, Lüge und gefressen werden. Die Ausstellung bietet viele verschiedene Zugänge ‒ für Große und Kleine, für Lesende und Betrachtende, für Schreibende und Turnende, für Beobachtende genauso wie für die, die gern selbst mittendrin sind.
ALLTAG UND FANTASIE: JANOSCHS BILDERWELTEN
Die Ausstellung eröffnet mit einem Raum, der das Publikum tief in Janoschs Welt eintauchen lässt. An die hundert Originalzeichnungen aus vielen Epochen von Janoschs Schaffen laden ein, seine Lebens- und Fantasiewelten zu entdecken. Bekannte Bilderbuchillustrationen sind hier ebenso zu sehen wie frühe Arbeiten. Sie alle eint seine Lebenskunst: Es gibt keine Norm, jede Figur hat ihre liebenswerten Eigenheiten, ihre Schwächen und ihre Stärken. So wie im echten Leben.
VON NEUEN WÖRTERN UND SELTENEN NAMEN
Das Leben ist laut Janosch „ein verdammt schönes Vergnügen“, trotz aller Gefahren und Herausforderungen. Das unterstreicht auch seine besondere Sprache, scheinbar leicht dahingeworfen, gegen den Strich gebürstet, geraunzt, gegrunzt, geflüstert – hineingewoben in die Zeichnungen öffnen seine Worte ganz neue philosophische Räume. Den außergewöhnlichen Formulierungen, Wortschöpfungen und Namensgebungen ist daher ein ganzer Ausstellungsbereich gewidmet. Hier gibt es Kurzgeschichten zum Hören, extra für diese Ausstellung ausgesucht und eingelesen von Prominenten aus Hamburg und Norddeutschland.
NACHRICHTEN AUS DEM POSTKARTENWALD
Briefe und Postkarten spielen in vielen Büchern von Janosch eine wesentliche Rolle: man denke nur an „Post für den Tiger“ oder den „Hasen mit den schnellen Schuhen“, dem die Briefträger-Arbeit nicht so schnell ausgeht. Auch als eigenes Genre sind Postkarten wichtig. Janosch hat Hunderte im Laufe seines langen Künstlerlebens gestaltet. Zahlreiche Originalentwürfe sind in der Ausstellung zu sehen. Im Postkartenwald sind die Besucher*innen eingeladen, ihre persönlichen Lebenskunst-Botschaften aufzuschreiben, aufzumalen, zu gestalten und sie über das eigene Ausstellungspostamt zu verschicken.
IM BÜRO MIT WONDRAK
Ein wahrer Lebenskünstler in Janoschs Kosmos ist fraglos Wondrak, selbsternannter „Superstar“ und schnauzbärtiger Herr in Tigerstreifenanzug und Pantoffeln, der von 2013 bis 2019 den Leser*innen des Zeit-Magazins wöchentlich Ratschläge zu nahezu allen Lebenslagen gegeben hat. Ihm richtet die Ausstellung ein eigenes Büro ein, in dem natürlich nicht klassisch gearbeitet, sondern Lebenskunst gelebt und ausprobiert werden kann. So lädt Wondrak das Publikum ein, durch einen Kopfstand die Dinge einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, mit Würfeln einfache Entscheidungen zu treffen, sich selbst im Spiegel zu betrachten oder mit Hilfe einer Zettelwirtschaft Ordnung ins Liebesleben zu bringen.
ZEIT ZUM TRÄUMEN
Schließlich lässt ein Kinoraum Janoschs Lebenskunst auch im bewegten Bild und Ton erleben. Drei Folgen der beliebten „Traumstunde“ nehmen das Publikum mit auf Reisen. Sie begleiten den Tiger und den Bären dabei, wie sie ein Mittel gegen die Einsamkeit suchen und so, ganz nebenbei, mit ihren Freunden aus dem Wald die Post und das Telefonnetz erfinden. Sie zeigen Schnuddel und das Schnuddelpferdchen, wie sie Luftschlösser bauen, die schließlich doch in sich zusammenfallen. Denn auch ein „Wolkenzimmerhaus“ hält nur so lange, wie man nicht zu viel will. Und auch die Besucher*innen, die Lust auf eine Flugstunde mit Onkel Popoff haben, um die schnöde Wirklichkeit mal von ganz weit weg zu betrachten, kommen auf ihre Kosten. Alle Geschichten erzählen davon, wie wichtig das Träumen ist, wie man trotz aller Widrigkeiten stark bleibt und: dass Mut immer gut ist.
Zu sehen vom 3. Oktober 2021 bis 13. März 2022 im
MUSEUM FÜR KUNST UND GEWERBE HAMBURG
Steintorplatz, 20099 Hamburg
ÖFFNUNGSZEITEN
Di–So 10–18 Uhr / Do 10–21 Uhr
Titelbild: Janosch (*1931), Der Bär und der Tiger, © Janosch Film und Medien AG, Berlin