INK ist ein von dem Schlagzeuger und Komponisten Viktor Gachet gegründetes, hierzulande noch wenig bekanntes Jazz-Quartett. Für sein zweites, AFRICAN ROOTS betiteltes Album, das soeben erschienen ist, hat Gachet die beiden aus Burkina Faso stammenden Musiker Drissa Dembele (vocals, Kora, Balafon, Drums) und Losso Keita (vocals, Drums) ins Studio eingeladen, die mit ihren traditionellen afrikanischen Instrumenten den Sound der Band bereichern.
Herausgekommen ist ein Album mit zwölf vorzüglichen Songs, die spannend und zugänglich zugleich sind und die die Elemente des Modern Jazz mit afrikanischen Rhythmen und Klängen virtuos verbinden. Drei Stücke sind Zwischenspiele, perkussive Miniaturen, die zum jeweils nächsten Song überleiten.
Den überwiegenden Teil der Stücke machen freie Improvisationen aus, bei denen sich die Musiker abwechselnd ihre Parts zuspielen oder mit wunderbaren Soloeinlagen glänzen.
Victor Gachet brilliert mit temporeichem, polykomplexem Spiel, das seine Mitstreiter eher souverän begleitet als sie vorantreibt. Pianist Pierre-Alain Goualch und Saxofonist Léonard Kretz wechseln sich bei einigen Songs mit wunderbaren Soloeinlagen ab, um dann in kurzen, unisono gespielten Passagen wieder zueinanderzufinden. Das treibende Stück „Amazone“, das mit einer herrlich grummelnden Basslinie eröffnet und einem wahren perkussiven Feuerwerk schließt, ist ein gutes Beispiel hierfür. Lionel Ehrhart grundiert mit seinen geschmeidigen, gefühlvollen Bassläufen virtuos die Arbeit seiner Mitstreiter und bildet mit seinem Instrument den sanft sprudelnden Kontrapunkt zu den oft nervös flatternden Klavierlinien.
Alle Kompositionen stammen aus der Feder von Schlagzeuger Victor Gachet, sind vielschichtig, abwechslungsreich, voller überraschender Wendungen, Harmoniewechsel und komplexer Rhythmen.
Verspielte Klänge eines Balafons leiten das Stück „Mitozan“ ein, bevor chorähnlicher, von Klavier, Bass, Saxofon und Schlagzeug untermalter Gesang einsetzt. Beim titelgebenden, rhythmisch pulsierenden Song „African Roots“ bricht das Saxofon abrupt aus einem magisch-repetitiven Riff aus und erhebt sich zu einer Folge fetziger Solokadenzen, die plötzlich abreißen, nur um einer kurzen, langsamen, melodischen Klavierlinie Platz zu machen. Diese wechselt ihrerseits abrupt Tempo und Harmonik und mündet in eine rasante, perkussive Klavierlinie.
Beim Stück „Besange 1929“ tasten sich zunächst Klavier und Kora vorsichtig durch die Noten, bis ein schamanisches Saxofon für einen immer drängender werdenden Schwung sorgt. Das Stück „Malayo“ gefällt mit seinem reichhaltigen, resonanten und melodischen Klang der Kora, zu dem sich ein hypnotisch beschwörender, inbrünstiger Gesang gesellt: Anruf, Response, Klage und Ekstase ins eins, die zusammen mit der Kora eine afrikanische Kosmogonie aufbauen, die die tiefsten Gefühlsschichten aufbricht und eine höhere Ordnung schafft.
„International Anthem“ ist eine betörende Melange aus afrikanischen Klängen und Elementen des „Modern Jazz“. Und das Stück „Même si“, mit dem das Album schließt, überträgt eine wunderbare Mischung aus Behaglichkeit und Spannung. Von sparsamen Klaviertönen begleitet setzt Kretz‘ Saxofon sanfte Akzente, während Gachets Sticks über die Toms wirbeln und die Becken krachen lassen. Auftakt zu einem gefühlvollen Basssolo, bei dem Lionel Ehrhart mit komplexen Griffen und Tonfolgen sein virtuoses Können demonstriert.
Mit AFRICAN ROOTS ist INK ein vorzügliches, fesselndes Albums gelungen, das den Hörer auf eine spannende musikalische Reise durch die reichen und vielfältigen Klänge Afrikas mitnimmt, die sich mit Elementen des Modern Jazz wunderbar und virtuos vermischen. Und uns hoffen lässt, dass INK uns nicht allzu lange auf das nächste Album warten lässt.