Hommage an Pina Bausch: DANCING PINA

Modernes Tanztheater ist ohne die Choreografin und Innovatorin Pina Bausch nicht zu denken. Nicht nur, dass sie das lang bestehende, streng kodifizierte Bewegungssystem des klassischen Balletts verließ und sich damit von der traditionellen Tanzkunst loslöste. Sie entwickelte auch eine eigene Bewegungssprache und war sich stets bewusst, dass das Tanztheater nie aufhört, sich weiterzuentwickeln. Ihre Choreografien besitzen somit etwas grundsätzlich Revolutionäres, das noch zudem die Tänzer*innen als Menschen mit ihren Gefühlen und ihrer Fähigkeit zur Empathie in den Vordergrund rückte. „Mich interessiert nicht so sehr, wie sich Menschen bewegen, als was sie bewegt“, so Pina Bausch. Eine bedeutsame Veränderung war auch, dass es keine ideale Körpernorm gab, etwa wie groß oder schlank die Tänzerinnen sein sollten. Selbst die Musik wählte sie ganz individuell, oftmals eklektisch aus. Der neue Film „Dancing Pina“, der heute in die Kinos kommt, erlaubt einen einzigartigen und exemplarischen Einblick in das Schaffen der Pina Bausch.

Zwei Stücke, zwei Kontinente, zwei Tanzwelten

Der Film führt die Zuschauer*innen an ganz unterschiedliche Orte, eröffnet Sphären und Projekte, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Die Choreografie „Iphigenie auf Tauris“ und „Le Sacre du printemps“. Die Orte sind einmal in Deutschland die altehrwürdige Semperoper in Dresden und als Gegensatz dazu der Senegal und die École des Sables, die sich in einem Fischerdorf in der Nähe von Dakar befindet. Die junge Generation der Tänzer*innen sind aus aller Welt zusammengekommen, um Pinas Choreografien neu zu entdecken. Dabei werden sie von ehemaligen Tänzerinnen der Pina Bausch Company angeleitet, unterstützt und begleitet. Denn sie müssen Pina Bausch und ihre Theorie verstehen. Deren künstlerische Ambition bestand ja darin, dass die Tänzerinnen ihre Choreografien nicht nur mit ihrem Körpern umsetzen, sondern über ihre Gefühle erfahren und in die Bewegungen integrieren.

Für die beteiligten Tänzer*innen, die aus verschiedenen Bereichen des Tanzes wie Streetdance, klassisches Ballett oder traditioneller und zeitgenössischer afrikanischer Tanz kommen, ist das ein Lernprozess, der sie verändert. Die Proben zeigen spannend diese facettenreiche Arbeit, die jedesmal einen Schritt weiterführt. Das wird auch in den Gesprächen und den Statements der Tänzerinnen deutlich. Am Ende beleben sie gemeinsam die Choreografien der Pina Bausch, verleihen ihnen neue Energie und einen einzigartigen Ausdruck. Ein reziproker Vorgang.

Mit ausdrucksstarken Bildern, die die Bewegungen der Tänzer*innen und die Umgebung einfangen, bekommt der Film eine eindrucksvolle, berauschende Atmosphäre. Mehr noch, die universelle Kraft des Tanzes wird spübar. Sie schafft eine Verbindung zwischen der persönlichen Identität und Geschichte der Tänzer*innen und lässt sie zusammenfließen. Nicht nur für Tanzfans ein atemberaubender, unvergesslicher und mitreißender Film und eine Hommage an Pina Bausch und ihr Werk, der zudem eine motivierte und talentierte junge Generation von Tänzer*innen aus verschiedenen Ländern zeigt. Pina Bausch hätte dies sicher begeistert.

Buch, Montage und Regie: Florian Heinzen-Ziob
Produktion: Fontäne Film
Produzenten: Florian Heinzen-Ziob und Georg Heinzen
Bildgestaltung: Enno Endlicher
Redaktion: Christina Irrgang
Set-Tonmeister: Armin Badde
Sounddesign: Tim Elzer
Tonmischung: Karl Atteln
Mit: Malou Airaudo, Clémentine Deluy, Josephine Ann Endicott, Jorge Puerta Armenta, Sangeun Lee, Courtney Richardson, Julian Amir Lacey, Francesco Pio Ricci, Gloria Ugwarelojo Biachi, Luciény Kaabral, Franne Christie Dossou, Tom Jules Samie
Choreographie: Pina Bausch
Musik: Igor Stravinsky, Christoph Willibald Gluck
Förderung: Film und Medienstiftung NRW, Kunststiftung NRW, Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien

Standardbild
Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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