Vor 50 Jahren starb Jimi Hendrix, aber die Legende lebt weiter, vor allem wenn man in Jimis ehemalige Bude in London kommt.
Preisfrage: Wie verbringen echte Rocklegenden ihren Samstagnachmittag? Schlafen sie ihren Rausch nach den Exzessen der vergangenen Nacht aus? Oder fliegen sie im Privatjet zu ihrem Landsitz? Für Jimi Hendrix lautet die überraschende Antwort: Shoppen bei John Lewis. Denn in den späten 1960er Jahren besuchte der berühmte Rockgitarrist in seiner exzentrischen, bunten Kleidung regelmäßig das Kaufhaus in der Oxford Street. Die Kunden mögen wohl nicht schlecht gestaunt haben, als er an einem Nachmittag nach einem geeigneten Vorhangstoff für seine 30 Pfund pro Woche teures kleines Apartment im schicken Londoner Viertel Mayfair suchte, von dem er einmal in einem Interview sagte, es sei sein erstes richtiges Zuhause gewesen.
Nach Restaurierung wurde die Wohnung letzten Monat für die Öffentlichkeit geöffnet; Besucher erhalten einen faszinierenden Einblick in die überraschend häusliche Seite des als Exzentrikers geltenden Musikers.
Das Schlafzimmer in der Brook Street 23 wurde so restauriert, dass es heute genauso aussieht wie zu der Zeit, als Jimi mit seiner Freundin Kathy Etchingham dort lebte – einschließlich überquellender Aschenbecher, alter Ausgaben der britischen Fernsehzeitschrift TV Times und seiner rund einhundert Alben umfassenden LP-Sammlung.
Was die meisten Hendrix-Fans, die das Museum besuchen, wahrscheinlich nicht wissen, ist, dass Hendrix nicht das einzige musikalische Genie war, das in der Mayfair Street lebte. Im Zuge der Restaurierung des Gebäudes wurden die Innenwände zum Nachbarhaus beseitigt, in dem in den frühen 1700er Jahren Georg Friedrich Händel lebte. Für 36 Jahre hatte der berühmte Komponist des Barock das Haus in der Brook Street 25 gemietet.
Die knarrenden Dielen und die schmalen Treppen müssen für den korpulenten Händel wohl eine ständige Herausforderung gewesen sein, der hier nicht nur komponierte, sondern auch Konzerte gab. Etwa 50 Pfund pro Jahr zahlte Händel für dieses Privileg.
Viele seiner größten Werke sind hier entstanden, darunter der „Messias“ und „Zadok der Priester“, die Hymne in D-Dur, die wohl bekannteste der „Coronation Anthems“ darstellt. Auch Cembali, ein Clavichord und eine Kammerorgel des Typs sind zu sehen, den Händel gekannt haben dürfte. Zu den Kuriositäten zählt die Nachbildung von Händels seltsam kurzen Himmelbettes, das so konstruiert war, dass der Komponist im Sitzen schlafen konnte, was angeblich die Verdauung förderte.
Die Exponate enthüllen auch, dass Händel eine etwas gemeine Ader hatte. Gästen, die zum Abendessen kamen, wurden Wein und Speisen von durchschnittlicher Qualität serviert. Unter dem Vorwand, die Muse habe ihn geküsst und er müsse sofort die Eingebung aufschreiben, schlich er sich in ein anderes Zimmer, wo er dann in aller Ruhe die feineren Jahrgänge und Delikatessen genussvoll zu verzehren pflegte.
Die Mieten in der Brook Street dürften seit der Zeit von Händel und Jimi Hendrix kräftig gestiegen sein. Die Anwohner stört es nicht, Mayfair gehört zu Londons reichsten Quartieren. Das bisschen Luxus kann man sich leisten. Erschwinglich mit 10 Pfund für Erwachsene sind dagegen die Eintrittskarten für einen Besuch des sehenswerten Museum, das eine hochinteressante Zeitreise zu den beiden grandiosen Musikern und Komponisten bietet.
Buchung sind möglich unter handelhendrix.org. Einen virtuellen Rundgang findet man unter https://handelhendrix.org/go-on-a-3d-virtual-tour-of-handel-hendrix-in-london/