GoGo Penguin: EVERYTHING IS GOING TO BE OKAY

Das britische Trio GoGo Penguin ist für seinen unaufgeregten wie auch innovativen Ansatz bekannt. Die Songs werden zuerst mit Elektronik und Software geschrieben und anschließend, egal wie komplex sie sein mögen, akustisch nachgebildet. Die Musiker mögen hierbei dem repetitiven Minimalismus von Komponisten wie Philipp Glass oder Brian Eno verpflichtet sein. Gleichwohl sind sie in der Ära von Techno und Drum and Bass aufgewachsen und haben die Ekstase elektronischer Musik geschickt an eine traditionelle akustische Besetzung aus Klavier, Kontrabass und Schlagzeug angepasst.

EVERYTHING IS GOING TO BE OKAY – Alles wird gut – heißt ihr neues Studioalbum, das heute erschienen ist. Eine trostspendende Botschaft in unruhigen, von Pandemie, Kriegen und Klimakrise geschüttelten Zeiten, die ein Gefühl der Hoffnung, Beruhigung und Gelassenheit vermittelt. Entstanden ist das Album in einer Zeit auch der persönlichen Turbulenzen und Verluste für die Band, in der das Studio möglicherweise einen sicheren Zufluchtsort abseits der unwirtlichen realen Welt bot.

Bassist Nick Blacka verlor Mutter und Bruder, die beide innerhalb weniger Monate an Krebs starben. Pianist Chris Illingworth trauerte um seine Großmutter. Außerdem verließ Ende 2021 Schlagzeuger Rob Turner die Band, der mit seinen komplexen Polyrhythmen entscheidend zum Sound des Trios beigetragen hatte.

Das Albumwandelt mit seinen kreisenden Melodienlinien auf vertrauten musikalischen Pfaden und knüpft nahtlos an der Qualität seiner Vorgänger an. Bei Tracks wie „An Unbroken Thread Of Awareness“ und „Glow“ umkreisen sphärische Klangflächen Blackas ausdrucksstarkes, klagendes Bassspiel.

Bei dem erschütternden ‚Last Breath‘ schafft sein knorriger Bass ein unausweichliches Gefühl der Endgültigkeit, das durch einen Synthesizer, der wie ein Lebenserhaltungspuls klingt, ausgeglichen wird. Die zarten, gefühlvollen Klavierlinien des vertrackten „Glimmerings“ sorgen für Gänsehaut pur. Mit Stücken wie dem langsam treibenden „Friday Film Special“ hat das Album auch seine spannungsgeladenen Momente, während ein Song wie „Soon Comes Night“ mit verzerrten Drums und schweren Dub-artigen Effekten fast schon verstört.

„We May Not Stay“ reflektiert dagegen eindrucksvoll über die Sterblichkeit des Menschen. Der Song beginnt zunächst mit ruhigen, getragenen Klavierakkorden bevor er sich in einen wahren Strudel aus halsbrecherischen Pianolinien und wirbelnden Drums verwandelt, um schließlich abrupt zu enden. Der wunderschöne Titelsong und beide Versionen des kurzen, aber strahlenden „You’re Stronger Than You Think“ zeigen, wie sich in schwierigen Zeiten Hoffnung und positives Denken bewahren.   

Keines der dreizehn Stücke erinnert indessen so sehr an die musikalische DNA von GoGo Penguin wie der Titel „Parasite“, eine mehrteilige, ausgedehnte Komposition, deren experimentelle elektronische Musik mit Klavier, Schlagzeug und Bass erzeugt wurde. Wunderbar, wie Illingworths und Backas akustischen Instrumente hier nahtlos und gekonnt ineinandergreifen, Linien schichten, Räume eröffnen und zu einem dichten Klangteppich zusammenweben, während der neue Schlagzeuger der Band Jon Scott seine Mitstreiter mit seinem brutal attackierenden Schlagzeug in Richtungen treibt, die sie gut kennen.

Doch GoGo Penguin hören hier nicht auf, sondern schließen das exzellente Album mit dem ruhigen „Sanctuary“.  „Everything Is Going To Be Okay?“ – Vielleicht wird ja doch alles wieder gut. 

Heute bei XXIM Records / Sony Music. erschienen

Foto: Emily Dennison

Standardbild
Hans Kaltwasser
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