Geronimo von Leon de Winter

Osama Bin Laden, der Terrorist hat jahrelang, ja Jahrzehnte die Schlagzeilen der Weltpresse beherrscht und Gewalt und Unheil verbreitet. Nun hat er große Ähnlichkeit mit einem Protagonisten im Roman von Leon de Winter. Der berühmte niederländische Schriftsteller hat zur wahren Geschichte der Überwältigung und Tötung des Al-Qaida-Anführers eine fiktive hinzugefügt. Leon de Winter verknüpft diese Gestalt mit der Geschichte von Tom, der für die CIA gearbeitet hat und Mitglied des Seals-Teams war, jener Soldaten, die die Aufgabe hatten, UBL, wie der Terrorist im Buch genannt wird, aufzufinden. Der Auftrag der Operation „Geronimo“ lautete „kill or capture“.

Doch Wochen nachdem der amerikanische Präsident Barack Obama den Tod des Al-Qaida- Anführers in einer Rede an die Nation kundgetan hatte, taucht Vito, einer der Seals-Leute bei Tom und einem weiteren Kollegen auf, um eine abstruse Geschichte zu erzählen. Auf einem Männerabend hatte sie schon unter Alkoholeinfluss die Runde gemacht, nun war sie wahr geworden. UBL lebt, dafür musste ein Double, der sich Ben Laden nannte, sein Leben opfern. Nun braucht Vito Geld, um die Kidnapper bei Laune zu halten…

UBL wurde in Abottabad aufgespürt, sein von hohen Mauern umgebenes Haus ist wie eine Festung gesichert. Niemals zeigen sich er oder seine Familienmitglieder. Neben diesem Gebäude befindet sich eine Villa, die von einer Haushälterin und deren Sohn Jabbar bewohnt wird. Sie sind Christen in Pakistan. Die Besitzer des Hauses leben in London und kommen in unregelmäßigen Abständen zurück. Jabbar ist von Amerika fasziniert und wünscht sich, einmal amerikanischer Bürger zu werden. Als eine Black Hawk mitten in der Nacht über dem Nachbarhaus schwebt, läuft Jabbar, der jede technische Einzelheit des Kampfhubschraubers kennt, aus dem Haus, um nahe dabei zu sein. Dass er damit seinem jungen Leben eine entscheidende Wendung gibt, weiß er da noch nicht: Jabbar gerät in den Besitz eines wichtigen Beweises, den UBL hinterlassen hat, und findet das verstümmelte Mädchen Apane wieder.

Apane liefert eine Verbindungsstelle im Roman, sie trifft Tom, Jabbar und UBL. Das Leben des muslimischen Mädchens verändert sich radikal, als es das erste Mal die Goldberg-Variationen von Bach hört. Der Ort, wo Apane mit diesem Meisterwerk westlicher Musikkultur Bekanntschaft macht, ist ein ungewöhnlicher, die Militär-Basis einer US-amerikanischen Einheit. Tom, der dort Dienst tat, spielte Apane Bach vor. Das sensible Mädchen war von nun an besessen von dieser Musik und musste mit dem Verlust ihrer Hände und Ohrmuscheln dafür bezahlen…

Die Goldberg-Variationen durchziehen den Roman wie ein roter Faden – schicksalhaft verbinden oder trennen sie Menschen. Ein genialer Einfall des Schriftstellers, der Apane zu Tabbar an einer Stelle des Romans sagen lässt, „Allah spricht durch die Musik“, woraufhin Tabbar, der Christ ist, fragt „Ist Allah auch Gott? „Ich denke, dass Gott und Allah dieselbe Kraft sind“, antwortet Apane.

Der Roman, der UBL länger leben lässt, er hätte eine Satire werden können. Fast eine Liebesgeschichte, ist er ein zeitgenössischer Roman, wo das Hier und Jetzt vom Terror bedroht wird, Bedroher auch lieben und mitleiden und selbst „göttliche Musik“ teuflische Folgen haben kann. Ein sensationeller Roman!

Geronimo
Leon de Winter

erschienen am 24. August 2016

978-3-257-06971-6

Verlag: Diogenes

Leon de Winter, geboren 1954 in ’s-Hertogenbosch als Sohn niederländischer Juden, begann als Teenager, nach dem Tod seines Vaters, zu schreiben. Er arbeitet seit 1976 als freier Schriftsteller und Filmemacher in Holland und den USA. Seine Romane erzielen nicht nur in den Niederlanden überwältigende Erfolge; einige wurden für Kino und Fernsehen verfilmt, so ›Der Himmel von Hollywood‹ unter der Regie von Sönke Wortmann. Der Roman ›SuperTex‹ wurde verfilmt von Jan Schütte. 2002 erhielt de Winter den Welt-Literaturpreis für sein Gesamtwerk, und 2006 wurde er mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet.

 

Leon de Winter liest in Berlin
Lesung
Ort

Jüdisches Museum Berlin
Lindenstrasse 9-14
10969 Berlin
Deutschland
20. September 2016, 19:30 Uhr

Lesung in deutscher Sprache
Moderation: Dr. Rachel Salamander

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Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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