Silvies Vater hat seinen gesamten Jahresurlaub genommen, um seinem Hobby Archäologie einen ganz praktischen Bezug zu geben. Frau und Tochter bleibt nichts anderes übrig, als mitzumachen. Ziel ist ein Waldgebiet in Northtumberland, in dem sie sich einer Gruppe von Archäologie-Studenten und deren Professor anschließen. Sie wollen identische Bedingungen der Eisenzeit herstellen und versuchen so zu leben, wie unsere Vorfahren in dieser Epoche. Das heißt, Nahrung nur aus dem Wald beziehen, am offenen Feuer kochen und in selbst hergestellten Lagerstätten schlafen.
Zudem gibt es eine Fülle von Ritualen, und ganz bestimmt will ihr Vater, da ist Silvie sich sicher auch hier möglichst große Authentizität herstellen. Es ist hart! Das Moor, die Hitze und die karge Nahrung zehren an Seele und Körper. Und für Silvie ist es noch sehr viel schwieriger. Sie fürchtet ständig, ihrem Vater etwas nicht recht zu machen. Dann soll es am Ende der Zeit angekommen, noch einen Höhepunkt geben. Ein Ritual, bei dem Silvie die Hauptrolle spielen soll, angeblich gefahrlos für sie, doch Silvie hat Angst. Sie kennt das Ritual und sie kennt ihren Vater…
Die Autorin erzählt in ihrem Roman Geisterwand aus der Perspektive der siebzehnjährigen Tochter, deren Vater sie als Besitztum ansieht. Das gelingt ihr so fesselnd und authentisch, dass man die Hitze der Sonne und die kratzige Textur der handgemachten Tunika auf der Haut spüren kann und vor allen Dingen auch die Angst der Protagonistin. Ein lehrreiches und literarisches Meisterstück über die Verbindung von fehlgeleitetem Wissen, Gewalttätigkeit und rückwärts gerichtetem Nationalismus.
Sarah Moss – Geisterwand
Übersetzt von: Nicole Seifert
160 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-8270-1413-9
Verlag: Berlin Verlag
Die Autorin Sarah Moss, 1975 geboren in Schottland, studierte und promovierte an der Oxford University. Heute unterrichtet sie an der University of Warwick. Sie hat mehrere Romane verfasst. Auf Deutsch erschienen sind bis dato Schlaflos (2013), Wo Licht ist (2015), Zwischen den Meeren (2016) und Gezeitenwechsel (2019).