Er scheint schon ewig zu dauern, der Konflikt im Nahen Osten – zu lange währt eigentlich jede Art kriegerischer Auseinandersetzung und Besetzung, selbst wenn sie nur einen Tag lang dauern würde. Aber was ist, wenn man in solch einem Krisengebiet leben muss, leben will? Weil sie trotz allem Heimat bedeutet? Die Geschichten zweier Menschen geben darüber Auskunft: Lizzie lebt in Tel Aviv und Nadim in Ost-Jerusalem. Sie ist Israelin und Schriftstellerin – er Araber und Journalist.
Ihre erste Begegnung findet in einem Hotel in Rom statt. Sie wollen mit dazu betragen, auf der israelisch-palästinensischen Friedenskonferenz den Frieden greifbarer werden zu lassen. Dieses Treffen wird zu einem Schlüsselerlebnis für die beiden und ein Wort sorgt von nun an auch zwischen Lizzie und Nadim manchmal für Frieden – Cinecittà.
Doch zurück in ihrer Heimat sind die Verhältnisse schwierig. Lizzie und Nadim wollen ihre Lebenssituation in einem Buch festhalten, Geschichten, die der Alltag geschrieben hat: Durch die Besetzung für Nadim und durch die Angst vor terroristischen Anschlägen für Lizzie. Mit schrecklichen Ereignissen gespickt oder Erlebnissen, wie die ewigen Straßensperren, die Geduld-fressend und beschämend sind. Aber beide können nicht vorurteilsfrei erzählen, jeder hat seine nicht immer durch die eigene Erfahrung gestützte Wirklichkeit vor Augen, manchmal behindern Scheuklappen die Sicht oder Halbwahrheiten nehmen den Platz statt realer Geschehnisse ein.
Doch Nadim will auf das Leben in seinem Viertel aufmerksam machen, wo es keine Straßennamen und keine Hausnummern gibt und das Abwasser nicht in eine Kanalisation fließt. Wo zerstörte Häuser und Wohnungen neben neuen Siedlungen in Gaza Realität sind.
Als Lizzie nach Jerusalem fährt, um ihn zu besuchen, lernt sie, wie wahr das alles ist. Aber auch sie hat eine Gechichte zu erzählen. Doch langsam wird ihr bewusst, dass Nadim sie braucht, damit sie seine Geschichte erzählt. Lizzie ist sehr interessiert daran, insbesondere über Nadims Frau Leila möchte sie mehr wissen. Lizzi weiß, dass Nadim sich größte Sorgen macht. Denn Leila ist quasi staatenlos, nur ein Touristenvisum gibt ihr für jeweils ein Jahr das Recht, sich dort aufzuhalten. Und Lizzi weiß von ihrer Mutter, die den Holocoust überlebt hat, wie es sich anfühlt, staatenlos zu sein.
Können Lizzi und Nadim in einem „geteilten“ Land wahre Freunde werden? Wo orthodoxe Juden sich wundern und zetern, wenn Lizzie mit einem Araber im Café sitzt? Oder Lizzie aus Angst sich nur verhüllt in Ost-Jerusalem zeigen will?
Sie wachsen einem ans Herz, Lizzie und Nadim, die genau wie alle Menschen nach Homöostase streben und deshalb ihre Vorurteile pflegen. Lizzie hat es wahr gemacht, sie hat Nadims Geschichte erzählt und diesen bestürzenden, aber unbedingt lesenswerten Roman geschrieben. Gut, dass es ihn gibt!
Who the Fuck Is Kafka
Lizzie Doron
dtv premium
Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler
Deutsche Erstausgabe
256 Seiten
ISBN 978-3-423-26047-3
Februar 2015