Forelle grau von Olaf Schwarzbach

Olaf Schwarzbach ist Comiczeichner in Berlin. Doch bis er sich dort etabliert hatte, war es ein langer und eindrucksvoller Weg – eine unvollendete Lebensgeschichte in der DDR, die er am 21. August 1989 kurz vor der Wende verließ. Dazwischen liegt ein bewegtes Leben, das von einigen besonderen Wendepunkten gekennzeichnet ist. Ein sehr trauriger war der Selbstmord seiner Mutter, kurz vor seinem dritten Geburtstag.Von da an lebte er bei seiner Tante Uta, seiner neuen Mutti, in Potsdam. Und irgendwie war Olaf immer auch ein Außenseiter, der lieber alleine zuhause Westfernsehen guckte, aber nie in den Westen wollte, auch nicht als er älter war. Die Mauer, so schreibt er, war wie ein Fluß, der den Osten vom Westen trennte. Da er „Nichtschwimmer“ war, konnte er sie auch nie überwinden. So einfach war es für ihn. Doch die Schattenseiten erlebte er, genauso wie seine Verwandten und Freunde, in mannigfacher Weise. Denn Olaf oder „Forelle“, wie er von der Stasi bezeichnet wurde, war niemand, der sich duckte oder keine Meinung hatte. Doch besonders politisch war er eben auch nicht. Das Buch vermittelt eher ein Lebensgefühl, das auch wir im Westen gehabt haben. Mit Freunden abhängen und Spaß haben, sich aber genauso heftig Autoritäten zu widersetzen. Langweilige DDR-Mode war out, eigenwillig aufgemotzte Shirts und Aufkleber in. Lange Haare oder Irokesenschnitt – Gammler oder Müsliman, all das war bei vielen Jugendlichen angesagt, genauso wie Rock-, oder Punkmusik aus dem Westen.
Anders allerdings die gehäuften Selbstmorde unter seinen Freunden, die Olafs gedrückte Stimmung, die er hin und wieder erlebt hatte, zu Depressionen anwachsen ließen. Seine Freundin Michi und eine Lehre zum Facharbeiter für Offsetdruck brachten viele Veränderungen in sein Leben. Die erste eigene Wohnung und dann seine Arbeitslosigkeit, ein Zustand, der in der DDR geahndet wurde. Durch Beziehungen bekam er schließlich in der Kupferdruckerei in Berlin eine Stelle als Kupferdrucker und viele Kontakte zu Künstlern. Die immer stärker werdende Friedensbewegung bot Argumentationshilfe für viele Ausreisewillige, war aber auch ernst gemeinter Veränderungswille, der die DDR zu einer lebenswerteren Heimat machen wollte.
Bis Olaf schließlich sein Talent als Comiczeichner umsetzen konnte, verlief sein Leben zwischen Arbeit, viel Alkohol und Treffen mit Freunden und Künstlern, die eine Nische gefunden hatten, um ihre Kunst zu zeigen und anders als vorgeschrieben zu leben. Als er schließlich seine systemkritischen Comics in einer Wohnungsausstellung Freunden und Bekannten vorstellte, bekam die Stasi Wind davon.Jetzt gab es für Olaf nur noch wenige Auswege, um einer Gefängnisstrafe zu entgehen….

Ein interessantes autobiografisches, mit Witz geschriebenes Buch, das eindrucksvoll schildert, dass auch in der ehemaligen DDR ein facettenreiches Leben gelingen konnte, wenn es die entsprechende Persönlichkeit lebt. Unbedingt lesenswert!

Forelle Grau
Olaf Schwarzbach

Die Geschichte von OL
Erscheint am 16.02.2015
320 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-8270-1179-4
Verlag: Berlinverlag

OL kam 1965 in Ostberlin an der Spree zur Welt. Nach einer Lehre als Offsetdrucker arbeitete er als Kupferdrucker beim Staatlichen Kunsthandel der DDR und flüchtete 1989 vor Wehrdienst und Staatssicherheit nach München. Seit 1991 lebt er wieder in Berlin und zeichnet für verschiedene Medien: unter anderen »Kowalski«, »zitty«, »Der Tagesspiegel«, »Börsenblatt«, »Jungle World«, »tip Berlin« und n-tv. Für das Wochenmagazin der »Berliner Zeitung« entstehen seit 1997 die wöchentlichen Strips »Jürgen der Trinker« und »Die Mütter vom Kollwitzplatz«. 2003 und 2013 wurde er mit dem Deutschen Karikaturenpreis ausgezeichnet. OL ist Vater von zwei Töchtern.

Veranstaltungen

Premierenlesung: Am Mittwoch, 04. März 2015 in Berlin
OL liest aus „Forelle Grau“ // Moderation: Marion Brasch
Zeit: 20:00 Uhr
Ort: Palais in der Kulturbrauerei, Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg / Sredzkistraße / Knaackstraße / Schönhauser Allee , 10435 Berlin

Lesung: Am Samstag, 07. März 2015 in Berlin
Rudow liest: OL liest aus „Forelle grau“
Zeit: 14:00 Uhr
Ort: Fahrschule am U-Bhf. Rudow, Neuköllner Str. 346 , 12355 Berlin
Lesung und Gespräch: Am Dienstag, 16. Juni 2015 in Berlin
OL liest aus „Forelle Grau“ // Moderation: Jörg Sundermeier
Zeit: 20:00 Uhr
Ort: Literaturforum im Brecht-Haus, Chausseestr. 125 , 10115 Berlin

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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