Florian Hoefner Trio: Desert Bloom

Mit seinem von der Fachpresse und dem Publikum begeistert aufgenommenen Album „First Spring“ gewann der in Kanada lebende deutsche Jazzpianist Florian Hoefner vor zwei Jahren zahlreiche Preise und Nominierungen. Jetzt legt der Musiker mit DESERT BLOOM nach. Der Titel bezieht sich auf ein ungewöhnliches natürliches Spektakel und ist eine Metapher für seine Situation während des Lockdowns. In der Wüste lassen manchmal nach jahrelanger extremer Trockenheit heftige Regenfälle die im Boden schlummernden Samen aufgehen und verwandeln die Wüste innerhalb weniger Tage in einen prächtigen Blumengarten. So fühlten sich wohl Florian Hoefner und seine beiden Mitmusiker Andrew Downing (Kontrabass) und Nick Fraser (Drums), denen die Pandemie einen langen Wartestand aufgezwungen hatte. Nach Beendigung des Lockdowns durften sie dann sie wieder ins Studio und blühten umso prächtiger auf.

Das Album umfasst neun Stücke, alle zeugen von großer Euphorie und überschäumender Spielfreude, die das Trio bei den Aufnahmen empfunden hat. Sieben Songs sind Eigenkompositionen von Hoefner und offenbaren neben großer Sensibilität einen unfehlbaren Sinn für spannende, dynamische Spannungsbögen und Rhythmik.

So bauen vor allem die Stücke „Desert Bloom“, „The Day Everything Stopped“ und „The End Of The Tunnel“, in denen der Musiker das Leben während des Lockdowns verarbeitet, auf Melodie, wirkungsvolle Wechsel in Tempo und Feel und herrlich wogende Ostinati auf, allesamt einnehmend und schön geschrieben.

In „Between The Lines“, mit dem das Album eröffnet, kehrt das Ensemble seine Rollen um. Bass und Drums übernehmen die Eingangsmelodie, während das Klavier eine sich zyklisch wiederholende eingängige Progression von Akkorden spielt. Dann beschleunigt sich das Tempo unvermittelt, Bass und Schlagzeug treiben den Song an, Hoefner zaubert mit seinen Fingern herrlich dahin fließende Pianolinien auf den Tasten, bevor zum Schluss das Klavier zu seinem hypnotischen Eingangsostinato zurückfindet.

Im Song „Shilfting Baseline Syndrome“ traktiert Downing seinen Kontrabass mit einer speziellen Bogentechnik, die er „Chopping“ nennt und die der imposanten Basslinie zusätzlichen Schwung und Dramatik verleiht. Konzeptionell steckt dahinter die Idee, dass sich durch bestimmte Entwicklungen unsere kollektive Wahrnehmung der gesellschaftlichen Normalität verschieben, die Hoefner einem Buch des kanadischen Öko-Journalisten J.B. MacKinnon entnommen hat. 

Die Stücke „Shelter“ und „Last More Time“ gefallen demgegenüber als eher traditionellere Jazzkompositionen, die auf sich wiederholenden Texturen beruhen.

Neben den Eigenkompositionen haben auch zwei Coverstücke Eingang in das neue Album gefunden:  „It’s All Part Of The Plan“, ein Song der US-Band Punch Brothers über die verhängnisvollen Folgen ungezügelter Machtgier, dessen Melodie so eingängig ist, dass man den 5/4 Takt kaum bemerkt. Und der Song „Neptune“, eine mit Streichern und opernhaftem Gesang orchestrierte Komposition der US-Musiker Sufjan Stevens, Nico Muhly, Bryce Dessner und James McAllister. Hoefner hat sie als eine gefühlvolle Piano-Ballade für ein Trio neuarrangiert, die mit ausgefeilten Arrangements eigene Akzente setzt, die Schönheit des Originals jedoch nicht antastet.

DESSERT BLOOM ist ein vorzügliches Album, das mühelos an das Niveau seines Vorgängers anknüpft und Jazz auf höchster Kunst- und Genussstufe bietet. 

live:

04.06. Bremen- Sendesaal

06.06. Leipzig- naTo

07.06. Berlin- Christophori Saal

08.06. (A) Hagenberg- Stiwa Jazzforum

09.06. (A) Wien- Reigen

10.06. (A) Klagenfurt – Kammerlichtspiele

11.06. München- Unterfahrt

Standardbild
Hans Kaltwasser
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