„Ich bin nicht Stiller“, sagt James Larkin White, der US-Amerikaner, der auf einer Zugfahrt durch die Schweiz von der Grenzpolizei festgenommen wird. Basierend auf Max Frischs Roman „Stiller“ inszenierte Regisseur Stefan Haupt einen Film, der die Konzepte von Identität, Selbstwahrnehmung und Liebe thematisiert.
Die Frage stellt sich, ob es einem Individuum möglich ist, seine wahre Identität zu verlassen. Eine faszinierende filmische Reise beginnt, in der Mister White versucht, seine wahre Identität zu beweisen. In Rückblenden entfaltet sich das Leben des Protagonisten, der im Verdacht steht, der vor sieben Jahren spurlos verschwundene Bildhauer Anatol Stiller zu sein – ein Mann, der wegen einer mysteriösen politischen Affäre gesucht wird.

Im Film wirkt Stiller wie jemand, der nach seiner wahren Identität sucht. Obwohl seine Frau, die vom Staatsanwalt zur Identifizierung ihres Mannes herbeigeholt wird, ihn erkennt, lenkt der angebliche Amerikaner nicht ein. Die Verwechslungen und Konflikte sind Metaphern für die Suche nach der eigenen Identität in einer unsicheren Welt.
Albrecht Schuch schafft es, mit seinem Minenspiel die inneren Konflikte, die psychische Vielschichtigkeit und die bedrängende Situation, in der er sich befindet, lebendig werden zu lassen. Paula Beer, in der Rolle der Frau des Künstlers, steht vor einem Rätsel: Ist er wirklich der Mann, dem sie Modell saß und den sie einst liebte? Diese Unsicherheit ergibt sich insbesondere daraus, dass er leugnet, sie zu kennen.
Auch hier offenbart sich die biegsame Natur der Erinnerung und das vielschichtige Geflecht unserer menschlichen Psyche. Ganz anders der Film: Er legt die Beziehung des Ehepaars offen und bringt eine überraschende Verbindung des Staatsanwalts zu dem Verschwundenen ans Licht. Nun scheint der Widerstand des Mannes zu bröckeln. Wer ist Stiller wirklich?

Ist die schriftstellerische Meisterschaft von Max Frisch im Film darzustellen? Dem Regisseur ist es gelungen, die Essenz des Romans wirkungsvoll hervorzuheben. Die Vergangenheit wird durch den Einsatz filmischer formaler Mittel, insbesondere der Farbgestaltung, in sepiafarbenen Bildern visualisiert, wohingegen die Gegenwart in natürlichen Farben repräsentiert wird.
Die Erzählstruktur des Films verdeutlicht, dass Identität keine feste Zuschreibung besitzt und durch Misserfolge sowie Liebesverlust fragil werden kann. Ein anspruchsvoller Cast nimmt die Herausforderung des Stoffs an, was zur Entstehung eines facettenreichen, spannungsreichen, dramatischen und außerordentlich sehenswerten Kinofilms führt.
Stiller | Spielfilm Farbe 2025 | Drama
Regie Stefan Haupt
Mit Albrecht Schuch, Paula Beer, Max Simonischek, Marie Leuenberger, Stefan Kurt, Sven Schelker
Alle Fotos: (© Studiocanal GmbH






