Filmtipp – Für immer hier

Brasilien, 1971. Das Land befindet sich im festen Griff der Militärdiktatur. Das Leben der großen Familie des ehemaligen Abgeordneten Rubens Beyrodt Paiva scheint zunächst unbeeinflusst davon. Offen, fröhlich und liebevoll ist die Familie häufig von Freund*innen umgeben. Doch blitzartig ändert sich das Szenario im Filmdrama „Für Immer Hier“, und das Haus der Familie wird zu einem Ort, wo ein weiteres der zahllosen Verbrechen der zivil-militärischen Junta beginnt.

Eunice (Fernanda Torres) und ihr Mann Rubens (Selton Mello) Foto: © Alile Onawale, VideoFilms, DCM

Rubens wird von Mitarbeitern des Geheimdienstes zu einer Befragung abgeholt. Nähere Nachfragen der Ehefrau Eunice werden nicht beantwortet, sondern die ganze Familie steht nun unter Bewachung. Einige Zeit später, immer noch ist nichts über das Verbleiben des Vaters bekannt, werden auch Eunice und ihre Tochter Eliana zum Verhör geholt.

Es scheint dieselbe Kaserne zu sein, in der auch ihr Mann untergebracht wurde, und Eunice meint seine Schreie zu hören, als er in der Zelle neben ihrer gefoltert wird. Sie verliert ihre zeitliche Orientierung, wird oft verhört und schließlich, nachdem sie einige Personen auf den Fotos erkennt, entlassen. Ihre Tochter ist glücklicherweise ebenfalls unversehrt zuhause eingetroffen.

Für immer hier
Eunice und ihre Familie stehen unter Bewachung des Geheimdienstes. Die Zimmer sind verdunkelt. Doch Eunice bewahrt Ruhe. © Alile Onawale, VideoFilms, DCM

Doch von nun an ändert sich das Leben der Familie. Eunice kommt nicht an die Konten ihres Mannes heran und muss sparen, um ihre Familie durchzubringen. Schließlich kann ein befreundeter Anwalt herausfinden, dass Rubens ermordet wurde, offiziell wird die Ermordung von der Militärdiktatur jedoch nie zugegeben.

Der Filmemacher Walter Salles hat die letzten Stunden im Leben einer Familie festgehalten und einen Film voller Zuneigung und Emotionen geschaffen. Die Hintergründe und polizeilichen Ermittlungen werden nicht gezeigt. Der Fokus liegt ganz bei der Familie, insbesondere der Ehefrau, die mutig um den Erhalt ihrer Familie kämpft und zudem um eine offizielle Bekanntgabe des Todes ihres Mannes; die sie schließlich 2014, 43 Jahre nach seinem Tod erhält.

Es ist die Geschichte der desaparecidos (der Verschwundenen), die von der brasilianischen Diktatur aus ihrem Leben gerissen wurden, er basiert auf Marcelo Rubens Paivas Memoiren.
Und es ist sehr berührend zu sehen, wie die Familie trauert, zusammenhält und schließlich einen Weg findet, in Würde weiterzuleben. Ein sehr sehenswerter Film und ein wichtiges Zeitdokument.

Der Film ist ab heute im Verleih von DCM in den Kinos zu sehen.

Titelbild zeigt die Familie © Alile Onawale, VideoFilms, DCM

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
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