Filmkritik: Overdrive

OVERDRIVE ist erstens, ein Terminus technicus aus der Motorentechnik, der im Kraftfahrzeugwesen einen Schnellgang mit verminderter Drehzahl des Motors bezeichnet. Zweitens ist der Begriff ein eingetragenes Warenzeichen des US-Automobilzulieferers BorgWarner, der für seine handgeschalteten Getriebe weltbekannt ist. Drittens ist OVERDRIVE der Titel des neuesten Films des kolumbianischen Filmregisseurs Antonio Negret, dessen Bekanntheit hierzulande allerdings noch eher bescheiden ist.

Es gibt Filme, die sind einfach sauschlecht, weil sie im Bemühen, nur ja kein Klischee auszulassen, möglichst viele Genre-Plattitüden in die 90minütige Handlung stopfen. Der Film OVERDRIVE ist so einer. Da sind die wilden Motorradjagden, bei denen die Protagonisten beschauliche Freitreppen auf schönen öffentlichen Plätzen herauf- und herunterdonnern; hektische Verfolgungsszenen durch enge Häuserschluchten und auf wuseligen Märkten; ein stahläugiger blonder deutscher Bösewicht, der mit seinen foedi oculi seine Widersacher paralysiert; französische Kriminalbeamte, die ihren komischen französischen Pseudoakzent Inspektor Clouseau aus dem Peter-Sellers-Klassikers „Der Rosaroten Panther“ gemopst zu haben scheinen. Und schließlich ein seltsames, völlig unnötiges Folter- und Tötungsgerät, das skrupellose Mafiosi gegen eine zu Tode erschreckte Hauptdarstellerin einsetzen.

Overdrive
Die Halbbrüder Andrew und Garrett Foster (Scott Eastwood/Freddie Thorp) Foto: Universum

Im Mittelpunkt des Geschehens stehen die beiden Halbbrüder Andrew und Garrett Foster (Scott Eastwood/Freddie Thorp), die sich auf das Stehlen teurer und seltener Autos spezialisiert haben und unversehens zwischen die Fronten zweier verfeindeter Mafiabanden geraten. Denn eines Tages klauen sie den todschicken Bugatti, den der mächtige Mafiaboss Jacomo Morier (Simon Abkarian) gerade in einer Auktion ersteigert hat und der seine ansehnliche Sammlung edler Automobile vervollständigen soll. Der schickt prompt seine Leute aus, denen das Duo schnell ins Netz geht. Doch anstatt die beiden Brüder umzubringen, will er sie laufen lassen, wenn sie für ihn das begehrteste Auto der Welt, einen Ferrari 250 GTO stehlen. Und der gehört ausgerechnet seinem skrupellosen Konkurrenten Max Klemp (Clemens Schick), der sich immer ungenierter in Moriers Herrschaftsgebiet breitmacht. Nur eine Woche Zeit gewährt der Mafiaboss den Foster-Brüdern hierfür, die sich sogleich daran begeben, eine Truppe hochspezialisierter Experten zu rekrutieren.


Was folgt, ist eine Kette turbulenter, aktionsgeladener Ereignisse, Autojagden und Manöver, die den Zuschauer lange im Ungewissen lassen, wer denn eigentlich hier wen verschaukelt.
Die Dialoge sind einfach doof, hölzern und ohne Witz. Die Schauspieler sehen aus, als träten sie zum Fotoshooting an, und die Handlung ist so lächerlich und maßlos übertrieben wie die dümmliche, inhaltsleere Filmreihe „The Transporter“. Freilich, wer solchen Trash mag, dem dürfte vermutlich auch OVERDRIVE gefallen.

Doch OVERDRIVE hat durchaus auch seine positiven Seiten. Die Aufnahmen der französischen Riviera sind schön und machen Lust auf Sommerurlaub in Südfrankreich. Und Autoliebhabern dürfte das Herz im Leibe höherschlagen, wenn sie die beeindruckende Kollektion traumhaft schöner Automobile mit röhrenden Motoren für den Showdown auf der Leinwand heranrollen sehen. Denn wann hat man schon einmal die Gelegenheit, so viele Vintage-Autos und schwere Luxuskarossen mit hoher Oktanzahl auf einmal zu sehen, wenn man nicht gerade den Genfer Autosalon besucht?

Autoliebhaber dürften allein durch den Anblick der Autos zufriedengestellt sein. Foto: Universum

Kinostart: 29. Juni 2017

Alle Fotos: Universum Filmverleih

Standardbild
Hans Kaltwasser
Artikel: 427

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