Die Elite hört Klassik, die Mittelschicht gehobene Unterhaltungsmusik, die Unterschicht Schlager und Volksmusik? Das war einmal. Vielleicht auch deswegen, weil es immer mehr zu hören gibt und Künstler, die diese Grenzen einfach überspringen. So wie den Pianisten und Musikkomödianten Felix Reuter. Er kennt keine Berührungsängste – woher auch? Schließlich ist er studierter Pianist mit einer klassischen Ausbildung an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar.
„Der verflixte Beethoven“ klassische Meisterwerke modern arrangiert, heißt sein neues Album, das heute veröffentlicht wird. Reuter beschreibt seinen Zugang zu Beethoven so: „Seit meiner Kindheit begegne ich Ludwig van Beethoven immer wieder neu. Früh ging es um technische Umsetzungen seiner Musik, dann um Ausdrucksfragen: piano heißt bei Beethoven immer extrem leise und forte extrem laut. Mittlerweile
verstehe ich seine Musik auch unter einem historischen Blickwinkel: Zu Beethovens Zeiten entwickelten sich das Klavier und das Klavierspiel unwahrscheinlich weiter. Es gab dann das Haltepedal, die Mechanik änderte sich und das Metronom wurde erfunden. All das hat Beethoven in
seinen Kompositionen verarbeitet und es lässt mich einiges an seiner Kunst besser verstehen. Wer sich versucht vorzustellen, wie es ist, die längste Zeit seines Lebens fast vollständig taub zu sein, kann über die Vielfalt der musikalischen Ideen Beethovens nur staunen.“
Beethoven als Vorlage?
Nein, der Pianist hat viel mehr im Sinn, als er sich an sein Album mit genau elf Musikstücken machte. Und es wurde eine langwierige Entstehungsgeschichte der Aufnahmen. Mit viel Leidenschaft und Geduld fand Reuter den richtigen Ort dafür und konnte sie perfekt einspielen.
Es sind bekannte Stücke wie Sonata Latina oder „Für Elise“. Die Kompositionen hat Reuter in bislang ungehörte neue Kontexte gestellt. So ist aus „Für Elise“ Ragtime für Elis geworden. „Der verlorene Groschen“ lässt auf Reuters Klavierstück einen hüpfenden und kreiselnden Groschen hören, ähnlich wie bei Beethoven und doch anders – schneller, noch temperamentvoller und lebhafter.
Oder die „Sonata Latina“ – ein kurzes Stück, dass die ZuhörerInnen zum Sambatanzen animiert. Toll, was alles in Beethoven steckt, wenn er in solche Pianisten-Hände gerät.
Der große Beethoven würde sich vielleicht selbst darüber wundern und über die Spiel- und Improvisationsfreude eines Kollegen im 21. Jahrhundert zufrieden seine Mundwinkel zu einem Lächeln verziehen.
Die ZuhörerInnen tun das mit Sicherheit auch, wenn sie Felix Reuter „Der verflixte Beethoven“ in voller Länge hören. Apropos, besonders toll finde ich auch die Moderationen zu den einzelnen Stücken. Felix Reuter erklärt genau, was es mit den Kompositionen von Beethoven und Reuters Interpretation auf sich hat. Ein richtig tolles Album!
Felix Reuter „Der verflixte Beethoven“
Album-Veröffentlichung: 12. März 2021 bei sonokraft (LC 47878)
EAN Album: 4251133740233
Formate: Digital und als Digipak CD
Zur Feier des Album-Releases präsentiert Felix ausgewählte Stücke am Freitag um 19:30 Uhr bei einem Streaming-Konzert auf der Plattform Classic-at-Home.
Titelliste*
- Petite Sonate Pathétique – Part I
- Petite Sonate Pathétique – Part II
- Petite Sonate Pathétique – Part III
- Der verlorene Groschen
- Sonata Latina
- Elises Traum
- Erinnerungen an Ludwig
- Schlaflose Mondnacht
- Ode an das Glück
- Ragtime für Elise
- Waldstein-Rock
- Moderation zu Petite Sonate Pathétique – Part I
- Moderation zu Petite Sonate Pathétique – Part II
- Moderation zu Petite Sonate Pathétique – Part III
- Moderation zu Der verlorene Groschen
- Moderation zu Sonata Latina
- Moderation zu Elises Traum
- Moderation zu Erinnerungen
- Moderation zu Schlaflose Mondnacht
- Moderation zu Ode an das Glück
- Moderation zu Ragtime für Elise
- Moderation zu Waldstein-Rock
*Tracklist der digitalen Veröffentlichung. Auf CD geht die jeweilige Moderation dem betreffenden Titel voran