Es ist Abend, doch die Hitze des Tages ist noch zu spüren, als der junge Heraldo, der noch einige Stunden zuvor mit seinem Bruder am Strand tollte, mit einer unbekannten Schönen in einem Hotelbett liegt. Es ist ein abgelegenes, schmuddeliges Stundenhotel an der Nordküste Brasiliens, in grellen Neonfarben, der richtige Platz für schnellen Sex.
Als er erwacht, ist er allein, sein Geld verschwunden und Heraldo im Motelzimmer eingeschlossen. Nur mit Mühe gelingt es ihm, das Motel ohne Bezahlung verlassen zu können. Er lässt seinen Ausweis bei Dayana, der Frau des Motelbesitzers, und meldet sich einige Stunden später zurück. Heraldo braucht einen sicheren Ort, um sich nicht nur vor der Polizei zu verstecken. Elias, der Betreiber des Motels, willigt ein, ihn als Hilfskraft zu beschäftigen, dafür kann er umsonst dort wohnen. Sehr talentiert bei technischen Reparaturen ist Elias rasch von der billige Arbeitskraft überzeugt und stellt keine Fragen.
Die atmosphärischen Bilder der Kamerafrau Hélène Louvart, die die Eintönigkeit des Stundenhotels, trotz seiner grellen Farben in den Blick nimmt und das immerwährende Gestöhne aus der Konserve stehen bald im krassen Widerspruch zu der sich langsam anbahnenden Affäre zwischen dem jungen Heraldo und Dayana. Sie fühlt sich von ihm angezogen, weil er lebenshungrig und ein bisschen naiv ist. Zudem erlebt sie sich als von ihm als Frau und Mensch wirklich gesehen.
Eine gefährliche Situation entsteht, denn Elias ahnt bald, dass die beiden eine Beziehung haben und ist nicht bereit, das Spiel zu verlieren. Ausweglos scheint auch das Paar seine Situation einzuschätzen und Dayana möchte Elias endgültig loswerden.
Trotz Strände, Palmen, Sand, Swimmingpool und hellen Farben atmet der Tropical Noir Film des Regisseurs Karim Aïnouz eine unterschwellig spürbare Düsternis aus. Im Motel können sexuelle Bedürfnisse zwar schnell ausgelebt werden, doch wenn es zu echten Gefühlen kommt, zeigen sich die menschlichen Verletzlichkeiten. Das Gefangensein in einer von Gewalt beherrschten Gesellschaft lässt einmal mehr die Sehnsucht nach Liebe und einem freien, selbst bestimmten Leben aufkommen. Als Metapher dient hier das Motel als „ein sehr brasilianischer Ort, an dem alles passieren kann – aber hinter verschlossenen Türen“, so Aïnouz.
Die Hauptrollen in dem Erotikthriller sind mit Iago Xavier als Heraldo und Nataly Rocha als Dayana hervorragend besetzt. Sie spiegeln „die Vielfalt Brasilien wider“, so der Regisseur. Ein faszinierender und magischer Erotikthriller und eine internationale Koproduktion zwischen Brasilien, Frankreich und Deutschland. Er wurde im Mai beim 77. Filmfestival von Cannes uraufgeführt und ist ab heute bei uns in den Kinos zu sehen – Spielzeiten