Eric Burdon zum 80. Geburtstag – Leben auf der Achterbahn

Aus dem Schulchor wurde er rausgeschmissen, weil seine Stimme alle anderen übertönte. Längst gilt er als einer der besten weißen Interpreten des Blues: Eric Burdon. Heute wird er 80. Herzlichen Glückwunsch!

Von den düsteren arpeggierten Anfangsakkorden des ersten Hits der Animals, „The House of the Rising Sun“, an konnte die Welt erkennen, dass diese Band etwas anderes vorhatte als ihre britischen Kollegen, mit denen sie Mitte der 1960er Jahre die USA überrollten. Das Lied, eine Version eines alten US-Folksongs, war so ganz anders als die vor Optimus und Fröhlichkeit überbordenden Songs der Beatles und ihrer Mersey-Beat-Kollegen, die die Charts mit Songs wie „I Want to Hold Your Hand“ und „Glad All Over“ dominierten. Von den fetten Klängen einer Hammondorgel untermalt, erzählt Eric Burdon darin mit heiserer Stimme unsentimental und ohne Kitsch die Geschichte über ein schiefgelaufenes Leben, an dessen Ende aber Erlösung steht.

Armut, Ausgrenzung und das Auf und Ab des unsteten Lebens von Glücksspielern und Junkies waren Burdon seit seiner Kindheit nicht fremd. Mitten im Zweiten Weltkrieg, am 11. Mai 1941, wurde er in der tristen nordenglischen Industriestadt Newcastle upon the Tyne geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Bereits als Jugendlicher sang er in den Nachtclubs im Hafenviertel der Stadt, rauchte mit Louis Armstrong einen Joint, hörte Muddy Waters und wusste, dass der Blues die Musik war, die er machen wollte.

Anfang der 1960er Jahre ging er nach London. 1961 spielte er in Alexis Korners Band Blues Incorporated, einer Talentschmiede, aus der viele bekannte britische Musiker wie Mick Jagger, Brian Jones, Ginger Baker und Dick Heckstall-Smith hervorgegangen sind.  Hier lernte er auch den Keyboarder Alan Price kennen, mit dem er ein paar Jahre später die Animals gründete. Mit „The House of the Rising Sun“, das zwischen zwei Konzertterminen angeblich in nur 15 Minuten aufgenommen wurde, gelang der Band 1964 der große internationale Durchbruch. Es war der erste Song einer britischen Band, der die Beatles in den USA von Platz 1 der Charts verdrängte. Weitere Hits folgten wie „Don’t Let Me Be Misunderstood“, „Bring It On Home To Me“ und „We Gotta Get Out Of This Place“, das zur inoffiziellen Hymne des US-Soldaten im Vietnamkrieg wurde. 

1965 verließ Alan Price die Animals nach Streitigkeiten über finanzielles Management. Ein herber Schlag, weil Price die Rechte an „House of the Rising Sun“ mitnahm und daran gut verdiente. Ein Jahr hielten sich die Animals noch mühsam über Wasser, dann brach die Band auseinander. Von da an wechselten Besetzung, Namen und musikalischer Stil ständig.

Burdon brachte ein Soloalbum heraus, das aber floppte. Dann gründete er „Eric Burdon and the Animals“, die er in „The New Animals“ umtaufte und dann wieder in „The Animals“ umbenannte. Er pendelt in diesen Jahren musikalisch zwischen psychedelischem Rock und einer großartigen Mischung aus Funk und Blues, die auf seinem erfolgreichen Album „Eric Burdon Declares War“ zu hören ist. Die Hits aus diesen Jahren waren „When I was Young“ , „San Franciscan Nights“, ein Protestsong gegen den Vietnamkrieg, “Monterey“, in dem er seine LSD-Erfahrungen beim Monterey Pop Festival verarbeitete, und das fiebrige, drogengeschwängerte „Spill the Wine“.

Neben seiner rebellischen, kompromisslosen Natur, mit der er immer wieder bei den Plattenlabels aneckte, waren Drogen ein wesentlicher Faktor, der das wechselvolle Auf und Ab der Karriere von Eric Burdon bestimmt hat.

Anfang 1971 erlitt er nach einer Show einen Zusammenbruch, der ihn vorübergehend zum Aufhören zwang. Nach zahlreichen Drogenexzessen zog Burdon 1977 mit seiner Frau und seiner Tochter nach Deutschland, das damals ein Comeback des US-Blues erlebte. In der Hamburger Musikszene lernte er den deutsche Rockmusiker Udo Lindenberg kennen, der ihn mit auf Tournee nahm. Doch wie so oft wurden ihm die Drogen immer wieder zum Verhängnis. 1983 wurde er sogar in Deutschland verhaftet, weil er in Verdacht stand, die RAF zu unterstützen. Seine Freunde von seiner ehemaligen Band The Animals halfen ihm bei der Rückkehr in die USA, aber an die großen Erfolge konnte er nicht mehr anknüpfen.

Im Jahr 1995 wurden The Animals in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, eine späte Anerkennung und Genugtuuung für den Musiker, der in seinem wechselvollen Leben unzählige Höhen und Tiefen erlebt hat.

In seiner über 50jährigen Karriere experimentierte Eric Burdon immer wieder mit verschiedenen Musikstilen, arbeitete mit berühmten Musikern zusammen, unter ihnen Ray Charles, Chuck Berry, Bo Diddley und Jimi Hendrix, mit dem er eng befreundet war und den Stunden vor dessen Tod noch einmal traf.

Alle diese Musiker lehrten ihn, wie er in einem Interview mit The Independent bekannte, seine Stimme auf einzigartige Weise einzusetzen, um seinen persönlichen Gefühlen und inneren Wahrheiten Ausdruck zu verleihen. Zum letzten Mal geschah dies auf seinem großartigen Album “‘Til Your River Runs Dry“ aus dem Jahre 2013, auf dem er zum Blues zurückkehrte.   

Titelfoto: Youtube-Screenshot

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Hans Kaltwasser
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