Emil Nolde ist zwar unbestritten ein Meister der Klassischen Moderne – doch wegen seiner späteren nationalsozialistischen Überzeugung umstritten. Eine Möglichkeit, politische Positionen von künstlerischen zu trennen, gelingt mit der Betrachtung seiner weitgehend unerforschten Frühwerke. In der Ausstellung des Bucerius Kunst Forums in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll sind sie nun zu sehen. Im Spiegel der nordischen Kunst werden sie vorgestellt und Motive und stilistische Elemente aufgedeckt.
Rund 80 größtenteils zwischen 1900 und 1902 entstandene Werke Emil Noldes werden den Gemälden von nordischen Künstlerinnen und Künstlern dieser Zeit wie Georg Nicolai Achen, Anna Ancher, Vilhelm Hammershøi, Viggo Johansen, Peter Ilsted, Peder Severin Krøyer, Laurits Andersen Ring und Jens Ferdinand Willumsen gegenübergestellt.
Nolde studierte die dänische Malerei vor Ort
1900 besuchte Nolde die Weltausstellung in Paris und war zutiefst beeindruckt von der dort gezeigten Kunst Skandinaviens. Noch im selben Jahr entschloss er sich nach Kopenhagen zu reisen, mietete sich dort ein Atelier und widmete sich dem Studium der dänischen Malerei. Die motivischen und stilistischen Eigenheiten der nordischen Künstlerinnen und Künstler inspirierten ihn außerordentlich und führten zu eigenen ungewöhnlichen Kompositionen.
Ein wichtiges Sujet dieser Zeit stellt die Welt des Fantastischen dar, die Nolde aus literarisch und mündlich überlieferten Sagen des Nordens schöpfte. Auch in der Darstellung von Interieurszenen und stimmungsvollen Landschaftsgemälden sind die skandinavischen Vorbilder zu spüren. So trug Noldes Zeit in Dänemark maßgeblich zur Entwicklung seiner Kunst bei.
Noldes Rolle im Nationalsozialismus wurde 2019 in der Ausstellung „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ in Berlin auf der Grundlage einer umfangreichen Recherche thematisiert. Die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum konzentriert sich nun auf die weitgehend unerforschten Arbeiten Noldes im Zeitraum von 1900 bis 1902. Vor diesem Hintergrund wird in der Ausstellung mit der Spannung zwischen künstlerischem Werk und politischer Gesinnung umgegangen und die historischen Erkenntnisse werden offen dargelegt, wenn sie sich inhaltlich ergeben. Zu Noldes Verhalten im Nationalsozialismus sei hier auf die im Rahmen der Berliner Ausstellung überarbeiteten Biografie des Künstlers der Nolde Stiftung Seebüll hingewiesen.
NOLDE UND DER NORDEN
16. OKTOBER 2021 BIS 23. JANUAR 2022
Titelbild: Zwei am Meeresstrand (Detail), 1903, Nolde Stiftung Seebüll, Fotocredit: Fotowerkstatt Elke Walford, Hamburg, und Dirk Dunkelberg, Berlin, Fotobesitz: Nolde Stiftung Seebüll © Nolde Stiftung Seebüll