Ein ehrliches Leben von Joakim Zander

Im Roman „Ein ehrliches Leben“ langweilte sich Simon bereits als Grundschüler. Nur ein einziges Mal verspürte er als Anführer einer kleinen Schar von Schülern, wie großartig es sich anfühlt, zu kämpfen und zu siegen. War es das, was ihm schon in Jugendzeiten fehlte? Etwas zu wagen und ein Risiko einzugehen?

Lernen fällt ihm leicht und als er sein Abitur mit guten Noten abgeschlossen hat, stehen ihm viele Möglichkeiten offen. Er will die Kleinstadt verlassen und hofft damit auch, seine Mittelschichtherkunft, die ihm so langweilig und nichtssagend erscheint, unsichtbar machen zu können. Simon schreibt sich deshalb in Lund an der juristischen Fakultät ein, obwohl seine Eltern dagegen sind. Instinktiv rät seine Mutter ihm, in der Nähe zu bleiben. Doch Simons Vater hat schon einen Platz für seinen Sohn in einer WG gesichert, und zuversichtlich reist der junge Mann nach Lund.

Dort führt ihn Ludvig in die Gepflogenheiten ein. Sein Zimmer ist klein und was noch schlimmer ist, er muss zwei Monatsmieten Kaution plus eine Monatsmiete bezahlen. Damit ist sein Konto fast leer. Seine beiden Mitbewohner haben damit keine Probleme. Ludvigs Eltern gehört das geräumige Haus. Und Simon spürt schnell, dass die Tatsache, dass alle drei Jura studieren, nicht bedeutet, dass sie sich auf Augenhöhe befinden. Simon kann seine Mittelschichtherkunft nicht verschleiern. Darum gelten für ihn auch andere Regeln, wie er gleich auf der ersten Dinnerparty erfährt.

„Wir haben Seile und Dolche“

Simon fühlt sich ausgeschlossen, sein Wunsch nach Austausch und Verbundenheit ist wie ein naiver Traum. Als er endlich die erste Auszahlung seines Studenten-Darlehens erhält, erfährt er von einer Anti-Nazi-Demonstration in Malmö. Simon will sich dieser Demonstration anschließen und gerät in eine Auseinandersetzung mit der Polizei, obwohl er sich nicht radikal verhalten hat. Tränengas macht ihm zu schaffen, als ihm plötzlich eine Gestalt ganz in Schwarz zur Hilfe kommt. Ein gesprayter Schriftzug leuchtet hinter ihr auf: „Wir haben Seile und Dolche“.

Die junge Frau verarztet seine tränenden Augen und sein Handgelenk. Und Simon sieht in ihren grünen Augen Hilfsbereitschaft und Entschlossenheit. Alles andere ist hinter der Sturmhaube verdeckt. Sie heißt Max und verschwindet alsbald ebenso wie Simons Adrenalinstoß sich in Müdigkeit verwandelt.

In seinem Zimmer denkt er an Max und daran, dass er nicht hierhin gehört. Überraschenderweise sieht er Max bald wieder. Sie lädt ihn zu einem Dinner in das Professorenviertel ein. Dort lebt sie mit ihren exzentrischen Freunden in einer Gründerzeitvilla, darunter auch der Hausherr Charles – Professor für Politikwissenschaften.

Simon wird sogleich akzeptiert und integriert. Fasziniert von den radikalen und aufregenden Idealen der Gruppe glaubt er zunächst, hier am richtigen Ort zu sein. Fühlt eine Verbundenheit mit Menschen, die sich mit Unterprivilegierten solidarisieren und dafür sorgen, dass Reiche einen Teil ihres Reichtums mithilfe der „Banditen“, wie sich die Gruppe nennt, verlieren. Doch was passiert, wenn er sich getäuscht hat? Gibt es dann noch einen Weg zurück?

Ein ehrliches Leben von Joakim Zander ist ein unglaublich spannender, gut konstruierter und eindringlich erzählter Kriminalroman, der beschreibt, wie der Wunsch nach Gerechtigkeit und Sichtbarkeit schnell in gefährliche Bahnen gelenkt werden kann und zu schicksalhaften Irrwegen führt.
Wieder gelingt dem Autor Joakim Zander von der ersten bis zur letzten Seite ein mitreißender und realistischer Roman.

Ein ehrliches Leben von Joakim Zander

Übersetzt von: Ulla Ackermann, Thomas Altefrohne

432 Seiten
ISBN: 978-3-499-01216-7
Verlag: Rowohlt Taschenbuch

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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