Ein Bild von dir – JOJO MOYES

Manchmal bleiben nur Erinnerungen an eine glückliche Zeit – Sophie hat zusätzlich noch ein Gemälde, ihr Porträt, das ihr geliebter Ehemann und Künstler von ihr gezeichnet hat. Es zeigt eine schöne und selbstbewusste Frau, eine „Jeune Femme“, die nicht nur den Maler in ihren Bann gezogen hat, sondern auch die meisten ihrer Betrachter. Im Oktober 1916 bekommt das Porträt einen neuen Verehrer, einen deutschen Kommandanten. Nicht, dass dieser besonders erwünscht wäre. Nein, er und seine Soldaten sind ein notwendiges Übel in der von Hunger und Not gekennzeichneten Kriegszeit. Die Deutschen haben das kleine Städtchen St. Péronne besetzt, und die beiden Schwestern Sophie und Helene müssen die Besatzer in der Bar ihres kleinen Hotels „Le Coq Rouge“ bewirten. Keine leichte Aufgabe, wenn man selbst vor lauter Hunger kaum aufrecht stehen kann. Zudem ruft das bei den Mitbewohnern des Städtchens Zorn, Misstrauen und Neid hervor. Denn nicht nur Hunger, auch die ständige Angst zermürbt die Menschen und macht sie hart und verbittert. Es gibt keine Lebensmittelvorräte mehr, sie wurden von den deutschen Besatzungstruppen eingetrieben. Jedes Vieh muss gemeldet werden, und wer sich widersetzt, begibt sich in Lebensgefahr.
Sophie ist eine mutige junge Frau, und jeder Tag beginnt mit dem Gedanken an ihren Mann und ob er noch lebt; weit weg er von ihr und ständig vom Tod bedroht. Wie kann sie selbst den tagtäglichen Kampf ums Überleben gemeinsam mit ihrer Schwester und den Kindern gewinnen?

Sophie ahnt nicht, wie stark die Anziehungskraft ihres Porträts auf den Kommandanten ist und wie dramatisch die Folgen sein werden. Als sie erfährt, dass Édouard in einem berüchtigten Gefangenenlager interniert wurde, nur weil er Menschlichkeit zeigte, bittet sie den Kommandanten um Hilfe. Sophie will dies mit dem Gemälde „Jeune Femme“ bezahlen. Wird es dem Kommandanten als Preis reichen oder will er mehr von Sophie?

88 Jahre später – die Geschichte um das Porträt geht weiter mit Liv Halston. Auch deren Leben kreist um ihren geliebten Mann David, doch das Leben mit ihm dauerte nur vier Jahre. Er, ein begnadeter Architekt, starb völlig unerwartet im Alter von 38 Jahren bei einer Lissabon-Reise an einer nicht diagnostizierten Herzschwäche. David hinterließ ihr das von ihm entworfene und gebaute Glashaus an der Themse und ein Gemälde im Goldrahmen. Auf ihrer Hochzeitsreise hat er es damals in Paris für ein paar hundert Euro von einer Amerikanerin gekauft. Liv ist froh, dass sie dieses Gemälde besitzt, denn die porträtierte Frau fasziniert sie immer wieder neu. Nach vier Jahren ohne David begegnet sie zufällig Paul McCafferty. Wie elektrisiert muss sie feststellen, dass er der erste Mann nach David ist, der ihr etwas bedeuten könnte. Doch dann kommt es anders, als sie sich es gewünscht hat. Denn Paul ist Mitinhaber der Londoner Agentur Trace and Return Partnership, die spezialsiert darauf ist, Beutekunst aufzuspüren und an die ursprünglichen Besitzer zurückzuvermitteln. Als neuer Auftrag steht „Jeune Femme“, das Frauenporträt des Malers Édouard Lefévre aus der Matisse-Schule, auf seiner Liste. Genau dieses Gemälde sieht er plötzlich bei seinem Besuch in Livs Glashaus mit eigenen Augen vor sich. Keine gute Ausgangslage für eine Liebesbeziehung zwischen Liv und Paul…

Sehr beeindruckend, wie die Autorin Jojo Moyes es versteht, die beiden Frauengeschichten miteinander zu verknüpfen. Sie lassen bestimmt niemanden unberührt, so detailreich und sensibel sind sie erzählt, ohne kitschig zu werden. Die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Sophie und Édouard lässt auch die Grausamkeit und Unsinnigkeit des Krieges vor unserem inneren Auge entstehen, aber auch die Leichtigkeit des Lebens, wenn es von Liebe getragen wird. Ein fesselndes Buch – ein typischer, großartiger Jojo Moyes’ Roman.

Ein Bild von dir
JOJO MOYES

23.01.2015
544 Seiten
ISBN 978-3-499-26972-1
Verlag: Rowohlt
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Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
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