Stille bedeutet die Abwesenheit jeglicher Geräusche. Eine Lautlosigkeit, die, wenn sie lange erfahren wird, auch beängstigende Züge annehmen kann. Zudem ist sie deswegen möglich, weil völlige Bewegungslosigkeit herrscht. Letzteres trifft auf den Film „Die Kunst der Stille – Marcel Marceaus Geheimnis“ nicht zu. Denn Bewegung ist bei dem wohl berühmtesten Pantomimen der Welt eine ganz Besondere. Sie durchbricht die Stille und ist doch beinahe geräuschlos. Eine Körpersprache, die kommuniziert, überall auf der Welt verstanden und trotz der weltweiten Sprachenvielfalt auch benötigt wird. Die nonverbale Sprache nutzen wir häufig, ohne dass wir es bewusst tun: das Fingerschnipsen, Stirnrunzeln, Nasenrümpfen oder das Wiegen mit dem Kopf.
Marcel Marceau beherrschte diese nonverbale Sprache perfekt. Als „Bip“, der tragikomische Clown im Ringelhemd mit dem weiß geschminkten Gesicht, dem zerbeulten Seidenhut und der roten Blume, war er weltbekannt und begeisterte die Menschen rund um den Globus.
Die Geschichte dahinter
Doch der tragische Hintergrund seines Schaffens blieb lange verborgen. Sein jüdischer Vater wurde in Auschwitz umgebracht. Marceau schloss sich der französischen Résistance an und schmuggelte mit seinem Cousin Georges Loinger jüdische Kinder heimlich über die Grenze in die Schweiz. Er brachte den Kindern mit Gesten und Mimen bei, in Gefahrensituationen nicht zu sprechen. Er nutzte die Stille zum Überleben. Nach dem Krieg schuf er daraus eine einzigartige Kunstform. Als Pantomime gelangte Marcel Marceau zu Weltruhm, bis kurz vor seinem Tod tourte er mehr als 40 Jahre rund um die Welt.
DIE KUNST DER STILLE ist der erste abendfüllende Kinofilm über Marcel Marceau und sein Schaffen, das mehrere Generationen von Künstlern inspiriert und begleitet hat.
Kinostart: 05. Mai 2022 – Kinotermine hier
Die Kunst der Stille – Marcel Marceaus Geheimnis
Regie, Drehbuch: Maurizius Staerkle Drux
Maurizius Staerkle Drux ist 1988 in Köln geboren und in Zürich aufgewachsen. 2012 absolviert er sein Studium der Filmregie an der ZHdK mit der Vertiefung Tongestaltung. Sein Debütfilm DIE BÖHMS – ARCHITEKTUR EINER FAMILIE wurde in über 30 Ländern gezeigt und mehrfach ausgezeichnet. Seit 2017 teilt er seine Leidenschaft für Film und Ton als Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste.
Zur Entstehung des Films sagt er:
Ich bin mit einem gehörlosen Vater aufgewachsen. Von klein auf wurde meine visuelle Aufmerksamkeit geschult, denn mein Leben glich manchmal einer Stummfilmkulisse. Ich selbst bin nicht taub,
ich höre und begann früh zu musizieren. Auch als Erwachsener beschäftige ich mich noch immer damit, herauszufinden, mit welchen Bildern ich meine Wünsche, meine Ängste und meine Fragen formulieren könnte, sodass sie ein Gehörloser verstünde.
Vielleicht genau aus diesen Gründen habe ich mich für das Filmemachen, eine Synthese aus Bild und Ton, entschieden. Mit DIE KUNST DER STILLE reflektiere ich einen Teil meiner eigenen Lebensgeschichte. Dabei gehe ich darüber hinaus, was sich hinter der weißen Maske von Bip, alias Marceau verbirgt. Es geht
mir darum, sein Schaffen aus der heutigen Perspektive heraus wiederzugeben.