Sie weiß nicht, wie mutig sie wirklich ist, als sie im Frühjahr 1889 beschließt, nach North Dakota zu reisen. Die Malerin Catherine Weldon, im Film „Die Frau, die vorausgeht“ grandios dargestellt von Jessica Chastain, hat das gesellschaftlich vorgeschriebene Jahr um ihren Mann getrauert, sein Porträt in den Hudson geschmissen und sich auf den Weg gemacht. Sie will den legendären Sioux-Häuptling Sitting Bull porträtieren.
Zuvor hatte sie das dem US-Kommandanten mit einem Brief angekündigt. Der jedoch befiehlt, die Malerin sogleich dorthin zurückzuschicken, wo sie hergekommen ist.
Davon ahnt Catherine nichts. Unbeirrt verfolgt sie ihre Ziel und geht selbstverständlich davon aus, dass sie als Malerin das Recht hat, zu malen, wen und wo sie will. Da sie zudem sehr viel Sympathie und Engagement für die amerikanischen Ureinwohner aufbringt, ist sie dort, wo sie nun angekommen ist, allen ein Dorn im Auge. Insbesondere der Colonel Silas Groves ( Sam Rockwell) will Catherine mit Machomanieren zeigen, wo sie hingehört. Entweder als Soldatenfrau hier im Wilden Westen hinter den Herd oder als Malerin zurück nach Osten, nach New York.
Häuptling Sitting Bull, sehr überzeugend verkörpert von Michael Greyeyes, tritt der Malerin nicht als gefürchteter und gewiefter Kämpfer entgegen, sondern als sanftmütiger Kartoffelbauer. Er verwirrt die Malerin, die mehr für ihr Modell empfindet, als nur Bewunderung. Er weiß den Wert seiner Person, den er für die Malerin hat, genau einzuschätzen. Bald ist Sitting Bull jedoch von der Frau beeindruckt und gibt der mutigen und unangepassten Malerin den indianischen Namen „Frau geht voraus“.
Intrigen und Machtkämpfe machen es nötig, dass Sitting Bull sein Volk als Häuptling erneut anführen muss, um die Unabhängigkeit seines Stammes zu verteidigen. Doch dessen Schicksal ist längst besiegelt.
Die Regisseurin Susanna White bringt mit wunderbaren Bildern die Schönheit der Landschaft wie ein Gemälde auf die Leinwand. Sie erzählt mit ihrem eindrucksvollen Film eine wahre Begebenheit zwischen der Malerin Caroline Weldon und Sitting Bull. Weldon, die auch als Bürgerrechtlerin aktiv war, malte vier Porträts von Sitting Bull, von denen noch zwei existieren.
DIE FRAU, DIE VORAUSGEHT ist eine ergreifende Geschichte von weiblicher Emanzipation und vom Freiheitskampf eines diskriminierten Volkes. Der Film überrascht, da er Wild-West-Klischees konsequent vermeidet und erotische Augenblicke ebenso wie komische und witzige Szenen enthält. Darstellerisch ist er überragend – rundum ein überaus sehenswerter Film, der ab 5. Juli in den Kinos läuft.