DIE BOLOGNA-ENTFÜHRUNG – wenn der Papst sein Macht missbraucht

Bologna im Jahre 1858: Es ist Abend und die Kinder der jüdischen Familie Mortara werden zu Bett gebracht, nicht ohne vorher noch ein wenig verstecken zu spielen. Danach beten die Kinder und sind bereit für die Nacht. Doch plötzlich pocht es energisch an der Haustür. Im Auftrag des Papstes will ein Marshall die genaue Anzahl der Familienmitglieder und deren Namen erfahren. Insbesondere haben sie Interesse an Edgardo, den siebenjährigen Sohn der Mortaras. Als der Vater heimkehrt und das Szenario sieht, ist er empört, besonders als er erfährt, dass Edgardo in 24 Stunden abgeholt werden soll. Mit allen Kräften will er Edgardo davor beschützen.

Nachdem der junge Edgardo Mortara (Enea Sala, Mitte) aus seiner jüdischen Familie entführt wurde, soll er so schnell wie möglich zu Papst IX. nach Rom gebracht werden © Pandora Film, Foto: Anna Camerlingo

Doch die kirchliche Macht ist weitaus größer. Es wird behauptet, der Junge sei heimlich von seiner Amme getauft worden. Damit gehöre er zur christlichen Gemeinschaft, und so lautet das damals unumstößliche päpstliche Gesetz – Edgardo muss eine katholische Erziehung erhalten. Die verzweifelten Eltern tun alles, um ihren Sohn in die Familie zurückzuholen. Unterstützt von der Öffentlichkeit und der internationalen jüdischen Gemeinde, nimmt der Kampf der Mortaras schnell eine politische Dimension an. Der Fall wird weltweit verbreitet. Doch die Kirche und der Papst sind unbeugsam. Nur wenn die Familie als Ganzes konvertiert, bekommen sie ihren Sohn zurück.

Edgardo lässt alles widerstandslos über sich ergehen. Erst als seine Mutter ihn besucht, ist es um seine Beherrschung geschehen. Er weint und will sich nicht mehr von ihr trennen.

Der junge Edgardo Mortara (Enea Sala) und seine geliebte Mutter Marianna (Barbara Ronchi)
© Pandora Film, Foto: Anna Camerlingo


Meisterhaft und mit eindrucksvollen magischen Bildern führt der Film „Die Bologna Entführung“ in die Mitte der 19. Jahrhunderts. Zeigt szenisch die religiösen Unterschiede, Etappen der christlichen Erziehung, die der kleine jüdische Junge durchläuft, während seine Familie zu Hause die traditionellen jüdischen Feiertage begeht. Eindrucksvoll belegt das filmische Meisterwerk eine wahre Geschichte und die suggestive, beispiellose Kraft einseitiger und fanatischer religiöser Erziehung. Der Film zeigt aber auch, wie die Allmacht des Papstes zu dieser Zeit bröckelt und Ende der 1870er Jahr sein Ende findet. Ein fesselndes Kinoerlebnis, das man sich entgehen lassen sollte.

Das Drehbuch zu DIE BOLOGNA-ENTFÜHRUNG schrieb der renommierte Regisseur Marco Bellocchio gemeinsam mit Susanna Nicciarelli und Daniela Ceselli. In den Hauptrollen des Films sind Paolo Pierobon, Fausto Russo Alesi, Barbara Ronchi, Enea Sala, Leonardo Maltese, Filippo Timi und Francesco Giufuni zu erleben.

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

Artikel: 3580

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.