Nach einer langen Zeit der Unterdrückung und des Psychoterrors hat es Cecilia Kass (Elisabeth Moss) endlich geschafft, aus der Beziehung zu ihrem gewalttätigen wie kontrollsüchtigem Freund Adrian (Oliver Jackson-Cohen) zu entfliehen. Als sie – unterstützt von ihrer Schwester (Harriet Dyer) und ihrem alten Freund James (Aldis Hodge) – es geschafft hat, unterzutauchen, erfährt sie, dass Adrian offenbar Selbstmord begangen hat. Kaum zu glauben: Zudem hat ihr der schwerreiche und hochintelligente Technik-Wissenschaftler auch noch sein Vermögen überschrieben – zumindest, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllt. Doch gerade, als Cecilia beginnen will, die schreckliche Vergangenheit hinter sich zu lassen, häufen sich die unheimlichen Ereignisse in ihrem Umfeld, die sie langsam in den Wahnsinn treiben. Ist Adrian womöglich doch nicht tot?
Zugegeben, der Stoff, an dem sich Regisseur Leigh Whannell, der als Schauspieler, Drehbuchautor und auch Filmemacher schon so einige Erfahrungen im Horror-Genre (u.a. „Saw“ oder „Insidious“) gesammelt hat, in „Der Unsichtbare“ abarbeitet, ist alles andere als neu. Vielmehr ist der 125 Minuten lange Streifen eine (erneute) Adaption von H. G. Wells gleichnamiger Buchvorlage, die von James Whale bereits im Jahr 1933 zum ersten Mal verfilmt wurde. Doch Whannell gelingt es, die Geschichte in ein neues Gewand zu stecken, was sich durchaus sehen lassen kann. Zumindest über weite Strecken.
Dabei ist „Der Unsichtbare“ weniger ein Horrorfilm als vielmehr ein Psychothriller mit Horror- und Sci-Fi-Elementen. Und diese Kombination funktioniert gut. So ist der Film – auch wenn ihm rund zehn Minuten weniger sicher gut getan hätten – von Anfang bis Ende unterhaltsam. Und das liegt nicht zuletzt an der gewohnt stark aufspielenden Elisabeth Moss („Mad Men“, „Handmade`s Tale“), die im Verlaufe der Handlung von tiefer Furcht, Panik und schierem Entsetzen bis hin zu abgrundtiefem Hass und erleichterter Freude praktisch alle möglichen Emotionen durchlebt. Keine Frage: Moss trägt den Film „Der Unsichtbare“ praktisch im Alleingang.
Eine weitere Stärke des Films ist zumindest in weiten Teilen auch die Inszenierung. Whannell gelingt es, von Anfang an eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, die sich bis zum Schlussdrittel kontinuierlich steigert. Kameraaufnahmen von vermeintlich leeren Zimmerecken oder Momenten, in denen man sich als Zuschauer fragt, ob man da gerade etwas gesehen hat oder nicht, funktionieren ebenso wie die wenigen Jumpscares gut. Zudem gibt es einige richtig böse Momente, die man so nicht unbedingt kommen sieht und die deshalb bestens funktionieren. (Blutige) Härte, bei der die Kamera übrigens auch nicht wegschaut, sondern draufhält, ist hier und da ebenfalls gegeben. Dabei sind derlei Szenen wohl dosiert und nie dem Selbstzweck unterworfen.
Während die weiteren Figuren relativ belanglos sind, stehen den genannten Stärken allerdings zwei nicht unwichtige Schwächen gegenüber: der etwas schwächere finale Akt, der der bis dahin recht gut erzählten Story vor allem inszenatorisch nicht gerecht wird. Und auch der Bösewicht, der letztlich als (sichtbare) Person Nullkommanichts zum Fürchten ist und extrem blass bleibt. Hier ist die Unsichtbarkeit sicher von Vorteil.
Fazit: „Der Unsichtbare“ ist eine durchaus spannende wie sehenswerte Neuauflage, die allerdings nicht frei von Schwächen ist.
3 von 5 Punkten
Foto-Copyright: Universal Pictures