Der Kommandant des Flusses

Yabar lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter in Rom. Die Familie war aus Somalia wegen der politischen Unruhen dorthin geflüchtet. Tante Rosa und Sissi, deren Tochter, sind nicht wirklich mit ihm verwandt, doch er sieht sie als seine erweiterte Familie an. Ihnen gemeinsam ist, dass die Mütter beide aus Somalia stammen.

Doch Yabar vermisst seinen Vater, der nach Somalia zurückgekehrt ist, um im Bürgerkrieg für seine Seite zu kämpfen. Yabars Mutter erwähnt ihn nicht mehr und ihm ist nur ein kleines Foto geblieben, das nur unvollständig an seinen Vater erinnert. Als seine Schulprobleme eskalieren und seine Wunschschwester Sissi ihm auch nicht mehr weiterhelfen kann, macht er sich auf die Suche nach seiner Identität.

Eine Legende aus Somalia , die von Generation zu Generation weitererzählt wird, hat ihn sehr beeindruckt:

Da es im Land keine Wasserläufe und somit nichts zu trinken gab, wurden zwei weise Männer mit der Aufgabe betraut, einen Fluss zu erschaffen. Die Weisen erschufen den Fluss, doch im Fluss schwammen Krokodile, grausame Kreaturen. Um den Fluss sicher nutzen zu können, brauchte es jemanden, der die Krokodile beherrschte. Das Volk wählte einen Kommandanten, der die Bestien vernichten konnte, wenn sie ihm nicht gehorchten.«

Der Tiber hat für Yabar seitdem eine metaphorische Bedeutung. Und oft rätselt er, wie es gelingen kann, dieses Dilemma tatsächlich zu lösen. Zunächst ziellos versucht er seinen eigenen Weg zu finden, nachdem seine Mutter ihn nach London zu deren Schwester geschickt hat und Yabar dort von einem schrecklichen Familiengeheimnis erfahren hat. Wird er jemals ein Zugehörigkeitsgefühl zu Italien entwickeln und ein Zuhause dort finden? …

Das Erwachsenwerden ist zumeist mit Herausforderungen gepflastert. Die Unsicherheit darüber, wer man ist und wohin der Weg führt, kann problematische Züge annehmen, ungleich mehr für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Denn (Vor)Urteile sind schnell gefällt, obwohl das Leben einer Person sehr viel komplexer ist als ihre Hautfarbe.
Der Autorin Ubah Cristina Ali Farah gelingt es sehr einfühlsam, ganz die Perspektive eines jungen Mannes in dieser zunehmend schwierigen gesellschaftlichen Lage einzunehmen. Sie zeigt aber auch an zwei Frauenbildern auf, dass Stärke und Mut dabei hilft, sich treu zu bleiben und doch ein Heimatgefühl zu entwickeln.
Der Roman „Der Kommandant des Flusses“ ist ein Hoffnungsschimmer für diejenigen Leser*innen, die daran glauben, dass diverses Leben bereichernd ist und gelingen kann. Fesselnd und authentisch erzählt!

Der Kommandant des Flusses

Autorin: Ubah Cristina Ali Farah

Verlag Orlanda

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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