Der Hals mit seiner komplexen Anordnung von Muskeln ist nicht nur vollständig verantwortlich für den gesamten Spielplan des menschlichen Kopfes, sondern auch für die ganze Körperhaltung. Er gehört mit zu den sensibelsten Körperteilen. Auch seine lebenswichtigen Verbindungen, etwa die von der Mundhöhle zum Magen, über die Nase zur Lunge, auch die zum Gehirn und zur Wirbelsäule haben es in sich. Die Blutgefäße des Halses versorgen Herz und Gehirn. Manche Kulturen, beispielsweise Voodoo auf Haiti, glauben vielleicht daher, der Hals sei der Sitz der Seele.
Gestützt durch das Muskelgewebe, ermöglicht uns der Hals, den Kopf zu schütteln, zu senken, zu drehen und nach hinten zu werfen. Gesten, die unmissverständlich sind und zum Repertoire des Menschen gehören. Sie nehmen eine wichtige Bedeutung in der zwischenmenschlichen Kommunikation ein.
Frauen besitzen normalerweise einen längeren und schlankeren Hals als Männer. Oftmals ist er zur Quelle künstlerischer Inspiration. geworden. Wobei seine Länge häufig übertrieben dargestellt wird. Denn ein langer und sehr schlanker Hals wird als weiblich, erotisch und schön angesehen. Der weibliche Hals erhält mehr Aufmerksamkeit – er wird geschmückt, betont und gepflegt.
Schmuck- und Juwelen für den Hals sind seit Jahrtausenden bekannt
So gelten Perlen aus Straußeneierschalen als ältester handwerklich gefertigter Schmuck. Vor etwa 50 000 bis 33 000 Jahren nutzten Menschen, die etwa 3000 Kilometer entfernt voneinander lebten, nahezu identische Perlen. Eine einmalige Übereinstimmung, die den Schluss zulässt, dass die Menschen damals schon einen kulturellen Austausch pflegten. Und noch heute werden in Afrika Perlen aus Straußeneiern per Hand angefertigt.
Besondere Beachtung erfährt der weibliche Hals beim indigenen Volksstamm der Burmesen im heutigen Myanmar. Dort erhalten Mädchen im Alter von etwa fünf Jahren ihren ersten Halsschmuck. Eine Spirale von rund 10 Zentimetern Höhe. Alle zwei bis drei Jahre etwa wird sie durch ein schwereres Exemplar ersetzt. Diese Prozedur endet beim Eintritt ins Erwachsenenalter.
Halsschmuck aus Gold und allem was glänzt
Vor einiger Zeit fanden Archäologen der Universität Göteborg bei einer Ausgrabung von zwei Gräbern in der bronzezeitlichen Stadt Hala Sultan Tekke auf Zypern menschliche Skelette aus der Zeit um 1350 v. Chr. Die rituellen Grabbeigaben wie Halsschmuck und andere Gegenstände waren aus Gold, Silber, Bronze, Elfenbein und Edelsteinen.
Gold aus Troia, Poliochni und Ur
Historischer Goldschmuck aus den Königsgräbern von Ur kann als aussergewöhnlich angesehen werden, da es in Mesopotamien keine natürlichen Goldvorkommen gab. Es muss sich bei den Goldobjekten aus der Zeit zwischen 2500 und 2000 v. Chr. um rege Handelsbeziehungen mit Ur gehandelt haben.
Im Alten Ägypten entwickelte sich der Halsschmuck von einfachen bis hin zu aufwendig ornamentierten Formen. Auch die altgriechische Kultur des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. brachte Halsschmuck mit kunstvoll gestalteten Anhängern hervor. Unter römischer Herrschaft verwendete man immer häufiger bereits geschliffene Edelsteine, um den Halsschmuck zusätzlich zu dekorieren.
Der britische Künstler G. F. Watts und seine Vorliebe für den menschlichen Hals
Der britische Künstler G. F. Watts war tatsächlich vom menschlichen Hals fasziniert. Er wurde von ihm als autonomes Körperteil betrachtet. Der Hals war sein künstlerischer Fetisch und spiegelte die viktorianischen Ideale wider. Er wurde zu einem medienübergreifenden Kanal, der es Watts ermöglichte, sein Schönheitsideal mit Hilfe eines einzigen Körperteils zu verbreiten.
George Frederic Watts (23. Februar 1817 – 1. Juli 1904) fühlte sich der damaligen symbolistischen Bewegung zugehörig. Sein Zitat: „Ich male Ideen, keine Dinge“ macht das ebenso deutlich wie seine allegorischen Werke Hope, Love and Life, die ihn auch berühmt machten. Diese Gemälde sollten Teil eines epischen symbolischen Zyklus sein, der als „House of Life“ bezeichnet wurde und in dem die Emotionen und Sehnsüchte des Lebens in einer universellen symbolischen Sprache dargestellt werden sollten. Reisen nach Florenz, Rom und Neapel haben ihn inspiriert und sein Werk Tizian zeigt deutlich diesen italienischen Einfluss.
Titelbild: Public domain https://www.wikiart.org/en/george-frederick-watts/daphne-1892