Der britische Philosoph David Hume schrieb: „Es ist nichts in unserem Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war“, und meint damit ganz ausschließlich sinnliche Erfahrungen als einen Prozess, der zur Erkenntnis führt.
Der Körper und seine Sinne
Begreifen, fühlen, tasten, riechen, schmecken, hören und sehen sind sinnliche Erfahrungsprozesse, die über unsere Sinnesorgane die Umwelt erschließen. Wir lernen über unsere Sinne uns und die Welt kennen und verarbeiten diese Erfahrungen. Doch das ist kein einseitiger, einfacher Prozess, sondern eine Wechselwirkung – komplex und kompliziert. Wachstumsprozesse, psycho-soziale, kulturelle, und Umweltfaktoren modifizieren und konstituieren unsere Erfahrungswelt und das Bewusstsein, das wir von uns und anderen haben.
Die Definition, wer wir sind, wird insbesondere in der heutigen Welt von wissenschaftlichen Informationen über unseren Körper verändert. Unsere Haut, die unseren Körper, unsere Organe und Muskeln schützend umschließt, verwehrt den Blick auf das Innere des Körpers. Nur Ärzte und Gelehrte waren lange Zeit ausschließlich in der Lage, sich ein Bild vom Inneren des Menschen zu machen. Und auch heute noch, verbinden die meisten Menschen mit dem Wort „Skelett“ den Tod, weil dieser, einige Zeit nach seinem Eintreten, unser Skelett sichtbar macht. Mit der Erfindung der Röntgenstrahlen, der Entwicklung endoskopischer Geräte und der Möglichkeit, neurologische und andere körperliche Prozesse in Echtzeit zu betrachten und zu speichern, verändern sie auch die Sichtweise auf unseren Körper. Dies darf nicht zum Eklektizismus führen.
Der Autor Dr. Helmut Milz erliegt dieser Gefahr ganz sicher nicht. Vielmehr nimmt er uns mit auf eine Reise, die es ermöglicht, uns auf jeder einzelnen Etappe – ausgehend vom größten aller Sinne, dem Hautsinn – besser und ganzheitlicher zu verstehen. So lernen wir, warum Berührungen so wichtig sind und Hören eines der ältesten Sinne ist.
So auch, dass neben unseren Primärsinnen unsere Organe, wie Herz, Bauch- und Atmungsorgane sowie unser Nervensystem sinnlich erfahrbar sind und ein umfassendes Erleben ermöglichen. Ebenso, wie verschieden und differenziert wir in Abhängigkeit von der Kultur unseren Körper wahrnehmen und Krankheiten und Gesundheit betrachtet werden.
Helmut Milz beschäftigt sich mit dem Menschen als ganzheitliches Individuum, das sich im ständigen Wandel befindet. Dabei ist dieser Wandel phänotypisch für uns, die wir nicht sehr lange, aber immer länger leben, nicht direkt erkennbar. Hier helfen uns die Wissenschaften. Und die menschliche Fähigkeit, die kein Lebewesen sonst beherrscht, sich selbst zum Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung machen zu können. Dass daraus auch eine Fülle von falschen Annahmen und Fehleinschätzungen resultieren kann, ist verständlich und lehrt uns immer wieder die Geschichte. Auch die Medizingeschichte ist nicht frei davon.
Der besondere Gewinn der Lektüre dieses Buches liegt aber darin, dass der Mensch ganzheitlich betrachtet wird, als einzigartige Einheit, geformt durch vielerlei Einflüsse. Heute sind wir in der Lage, auf die vergangene biologische und kulturelle Menschwerdung zu schauen und ein wenig auch in die Zukunft, nicht zuletzt dank dieses wunderbaren, umfangreichen und klugen Buches. Darüber hinaus zeigt es uns, wie ähnlich und gleichzeitig verschieden die Menschen sind – wie eigen-sinnig.
DER EIGEN-SINNIGE MENSCH
Körper, Leib und Seele im Wandel
Autor: Helmut Milz
ISBN: 978-3-03800-029-7
Einband: Gebunden
340 Seiten
Verlag: Edition Zeitblende
Helmut Milz ist Honorarprofessor für Public Health; ehemaliger Berater der WHO; Autor u.a. von Ganzheitliche Medizin und Der wiederentdeckte Körper.
www.Helmutmilz.de