Der Bergmann von Natsume Soseki

Darauf war er nicht vorbereitet. In der Nacht von seinem Elternhaus in Tokio ist er hinaus aufs Land gefahren, und nun rennt er schon einige gefühlte Stunden durch einen Kiefernwald. Scheinbar endlos liegt der Weg zwischen den dicht stehenden Kiefern vor ihm. Doch seine Verzweiflung und der Wille, seinem bisherigen Leben zu entkommen, ja, es vielleicht sogar zu beenden, bestehen weiterhin. Kann er das? Seine Gedanken sind nicht bei den beiden Frauen, die den Grund seinen Überdrusses darstellen. Er wollte und konnte sich nicht zwischen ihnen entscheiden. So bestimmen die ungewohnten Wahrnehmungen seine Gedanken.

Er will an einen Ort, der Lebensmüde magisch anzieht. Als er jedoch in ein kleines Dorf kommt, wird er von einem Mann angesprochen, der ihm Arbeit verspricht. In einem Bergwerk als Bergmann. Ohne Widerstand begibt er sich in die Obhut des Mannes, isst mit ihm in einer kleinen Imbisstube. Sie fahren eine zeitlang mit dem Zug, bis sie den Berg erreichen. Sein Protége verschwindet, nachdem er seine Provision eingestrichen hat. Die Arbeit unter Tage ist hart für den nicht sehr kräftigen jungen Mann. Sein Leben bekommt einen ganz anderen Schwerpunkt. Als Sohn einer wohlhabenden Familie ist er nicht gewohnt, unter schweren körperlichen Bedingungen zu arbeiten. Er lernt in der Tiefe des Berges, in den dunklen Schächten sein anderes Ich kennen. Die Dunkelheit weckt seinen Überlebenswillen. Und er weiß jetzt, was er will.

„Der Bergmann“ ist die Geschichte eines jungen verzweifelten Mannes, der sich in einer zu Beginn des 20. Jahrhunderts schwierigen Lebenssituation befindet. Die kulturellen Traditionen zwingen ihn zu einer Heirat, die er nicht will.

Mit einer zeitlosen modernen Sprache erzählt Natsume Soseki detalliert von den Wahrnehmungen und psychischen Befindlichkeiten einer Generation, die den Wunsch verspürt, selbstbestimmt zu leben. Das Schicksal des namenlosen 19-Jährigen, dessen Gedanken und Befürchtungen, Wünsche und Hoffnungen offen vor uns liegen, berühren immer noch sehr.

Ein literarisches Meisterwerk – dicht erzählt und von einer überraschenden Zeitlosigkeit. Mit einem Vorwort von Haruki Murakami, der den Roman „Der Bergmann“ zu eines seiner Lieblingsbücher zählt. Natsume Soseki (1867–1916) gehört zu den wichtigsten Vertretern der klassischen Moderne Japans.

Der Bergmann
Natsume Soseki

Übersetzung: Franz Hintereder-Emde

ISBN 978-3-8321-6446-1
Verlag: Dumont

Standardbild
Ingrid
Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen. Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.
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