Deep Purple :„ From here to InFinite“

Donnerstag, 16. März 2017, 20:00 Uhr: Deutschland-Premiere der Filmdokumentation „Deep Purple: From Here to inFinite“ in der in Düsseldorfs hippem Szeneviertel Medienhafen gelegenen UIC Kinowelt. Vor dem Eingang hat sich ein WDR-Team aufgebaut in der Erwartung, dass Drummer Ian Paice und Bassist Roger Glover vielleicht auftauchen, um für die wartenden Fans Deep-Purple-Memorabilia zu signieren. Doch nichts passiert. Im Kinosaal haben derweil die handverlesenen Premiere-Gäste Platz genommen; nur wenige Plätze bleiben frei.

„From here to inFinite“ erzählt in gut 90 Minuten die Geschichte rund um das neue Album „inFinite“ von Deep Purple, das am 7. April 2017 erscheinen wird. Die Filmdokumentation beginnt mit einigen Szenen aus dem letzten Konzert der Welttournee, das die Band 2015 in London gespielt hat, und nimmt uns dann mit nach Nashville, wo die Songs des neuen Albums zunächst in einem Probestudio entwickelt wurden, bevor es ab ins Aufnahmestudio ging. Bei den erst später in einem Studio in Toronto aufgenommenen Gesangsparts, waren nur Ian Gillan und Roger Glover dabei. In einer raschen Szenenfolge zeigt der Film dann, wie die Band im Studio arbeitet. Die Songs werden aus einer Grundidee durch freie Improvisationen heraus weiterentwickelt, bis sie in ihre aufnahmefähige Finalform gebracht sind. Dabei sieht man, wie die fünf Musiker im Halbkreis im Aufnahmestudio hocken, Details der Tracks ausfeilen, während Produzent Bob Ezrin um sie herumschleicht, ihnen gut zuredet, von manchen Passagen abrät, andere unterstützt und schließlich dann zur Aufnahme aufruft.

Zwischen diesen beiden Erzählsträngen zeigt der Film, wie Steve Morse und später Don Airey dazu stießen und von welchen Musikern sie am meisten geprägt wurden. Einen Augenblick lang werden auch die mächtigen Geister der Vergangenheit gegenwärtig, die zur Geschichte der Band gehören, heute jedoch schon längst nicht mehr dabei sind: Der 2012 verstorbene begnadete Tasten-Virtuose mit dem Gentleman-Gestus, Jon Lord, und der böse Bube Ritchie Blackmore, genialer Hexenmeister an der Gitarre, der die Band gemeinsam mit Lord gegründet, diese aber 1975 verlassen hatte. Auch Joe Satriani, der Blackmore 1973 und 1974 für ein paar Monate ersetzt hatte, bevor Steve Morse endgültig den vakanten Job des Sologitarristen einnahm, kommt zu Wort.

Die Filmdokumentation hat auch durchaus anrührende Momente. So, wenn Drummer Ian Paice von den 13jährigen Jungen in Nashville erzählt, die Rockgitarre lernen und Deep Purple „Smoke on the Water“ vorspielen. Oder die Geschichte von Steve Morse, der der Band mittlerweile 23 Jahre angehört. Morse wurde mehrfach als weltbester Gitarrist ausgezeichnet. Doch nicht nur solche Ehrungen sind die Folge seiner meisterhaft beherrschten, komplizierten Spieltechnik des Alternate Picking, bei dem der Ton sehr hart angeschlagen und die Saiten bei schnellen Läufen mit dem Handballen abgedämpft werden. Sondern auch eine arthritische Spielhand, die dauernd höllisch weh tut, obwohl er sie mit schmerzstillendem Spray besprüht und anschließend eine Manschette anlegt. Trotzdem macht Morse weiter. Warum? Weil, wie er lächelnd bekennt, zwar nicht der erste Gitarrist von Deep Purple sei, er aber gerne als letzter in die Musikgeschichte der Band eingehen würde.
Just als im Film die Band den ersten von drei Songs spielte („All I Got Is You“, „The Surprising“ und „Birds of Prey“) macht sich gewaltige Unruhe im Kinosaal breit, weil Ian Paice und Roger Glover den Saal betreten hatten und das Publikum nach vorne zur Bühne drängte. Der Veranstalter unterbrach daraufhin die Vorstellung kurzzeitig und bat die Gäste, die Plätze wiedereinzunehmen.
Im Anschluss an die mit viel Beifall bedachten Filmvorführung gab es schließlich eine kleine Q&A-Session, bei der typische Fan-Fragen gestellt wurden, wie „Ist das jetzt wirklich eure letzte Tournee?“, „Was ist Ihr Lieblingsstück auf dem Album?“ oder „Welcher Musiker hat Sie am meisten beeinflusst“?

Fazit: Konzertfilme über Deep Purple gibt es einige. Dieser ist jedoch anders, schon weil die Musiker die Kameraleute noch nie so dicht an sich herangelassen haben. Die Filmdokumentation „From here to inFinite“ gewährt intime Einblicke in die Arbeitsweise einer legendären Band, die seit 50 Jahren Rockgeschichte schreibt und musikalisch offenbar noch einmal zur Bestform aufläuft. Von den gezeigten Songs macht jedenfalls insbesondere einer Appetit auf das am 7. April erscheinende Album: „The Surpising“ – ein außergewöhnlicher Track mit gespenstischen Keyboardparts und einer düsteren Gitarre, über der Gillans schwermütiger, fast an Johnny Cash erinnernder Gesang schwebt.

 

Standardbild
Hans Kaltwasser
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