David Linx – Real Men Cry

„Real Men Cry“ – wahre Männer weinen – so heißt der erste, titelgebende Song auf David Linx‘ neuem Album, das soeben erschienen ist. Gut so, denn viel zu lange hat man Männern das Gegenteil eingebläut. Dass Männer ihre Gefühle verbergen müssen und ihre Tränen ein Angriff auf ihre Maskulinität darstellt, ist eine ebenso dumme wie falsche und längst widerlegte Vorstellung, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht.

Wenn der gefeierte belgische Jazzsänger diese These zum Thema seines neuen Albums macht, kann man das als ironisches Aperçu zu überkommenen Geschlechterstereotypen verstehen. Denn bereits als Heranwachsender hat Linx seine Stimme an der Gesangskunst legendärer Jazzsängerinnen wie Sarah Vaughan und vor allem Ella Fitzgerald geschult.

Songs wie diese beweisen, dass es immer noch möglich ist, Balladen zu singen, die ohne kitschig zu sein, das Herz berühren. Mit dem wirbelnden „Chorino Para Um Novo Dia“ nimmt uns Linx mit auf einem kleinen Abstecher nach Brasilien, während das subtil melancholische „The Growing Stone“ eine gelungene musikalische Umsetzung einer Kurzgeschichte des französischen Schriftstellers Albert Camus ist.

Das Album umfasst zwölf Titel, die meisten von ihnen sind elegante Eigenkompositionen. Daneben stehen Interpretationen von Werken befreundeter Musiker wie Youcef Boukellas „Stay in the Light“, Diederiks Wissels „This Saturday Song“ oder Mario Laginhas „Brooklyn“, eine berührende Hommage an die Tochter des Freundes und den Stadtbezirk New York.

Unterstützt wird Linx erneut von hochkompetenten musikalischen Mitspielern, die ihn bereits auf dem hochgelobten Vorgängeralbum Skin in the Game begleiteten: Grégory Privat (p), Chris Jennings (kb) und Arnaud Dolmen (d)). Zusätzlich hat Linx den Trompeter Hermon Mehari zu sich ins Studio geholt, der an vielen Stellen mit seinem Instrument einen beruhigenden Kontrapunkt zu Privats inspirierten Höhenflügen und Linx‘ kühnem Gesang setzt.

REAL MEN CRY ist ein wahres Juwel, dessen zwölf ausdrucksstarke Songs und hochvirtuoses Jazzhandwerk elegant und geschmeidig mit poetischen Texten verbindet.

Das Album „Real Man Cry“ ist beim Label Cristal Groupe-Cristal Records am 2.5.2025 erschienen

Hans Kaltwasser
Hans Kaltwasser
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