Das Spiel mit wechselnden öffentlichen Identitäten, dessen Regie er geschickt in den Händen hielt, hat David Bowie zu einem der faszinierendsten Performer der Musikwelt gemacht. Man wusste eigentlich nie so genau, mit welcher Maskerade der Brite als nächster auftauchen würde. Das Cover-Design der Alben des jetzt bei Rhino/Parlaphone erschienenen opulenten Boxsets „Five Years: 1969-1973“ visualisiert sinnfällig die erstaunlichen Metamorphosen des britischen Chamäleons der Rockmusik. Auf dem Album „Space Oddity“ aus dem Jahre 1969 gibt Bowie noch ganz den verträumten Hippie mit Wuschelkopf. „The Man Who Sold the World“ zeigt nur ein Jahr später einen kokett in die Kamera blickenden Bowie, der sich im geblümten Kleid und mit Lederstiefeln auf einer mit blauem Satin bedeckten Recamiere räkelt und sich mit einer Hand durch das kaskadenartig bis auf die Schultern fallende Haar streicht, während die andere lässig eine Spielkarte hält. Auf „Aladdin Sane“ von 1973 tritt uns dann ein gespensterhaftes, abgemagertes Wesen mit rotgefärbten, wie vom Schock steil aufgerichteten Haaren entgegen, dessen bleiches Gesicht durch einen zweifarbigen gezackten Blitz gezeichnet ist. Spätere Alben zeigen Bowie als elegant gekleideten „Thin White Duke“ mit fürchterlicher Fönfrisur.
Wie schon der Titel andeutet, konzentriert sich die Sammlung auf die frühen Jahre des Briten, die als seine kreativste Schaffensphase gelten. Neben den sechs originalen Studioalben „Space Oddity“ (1969), „The Man Who Sold the World“ (1970), „Hunky Dory“ (1971), „The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars“ (1972), „Aladdin Sane“ (1973) und PinUps (1973) enthält die Box die zwei Live-Alben „Live Santa Monica 72“ (1972) und „Ziggy Stardust: The Motion Picture Soundtrack“ (1973).
Dazu gibt es die interessante Doppel-CD „Re:Call 1“, die u.a. neben einer bisher unveröffentlichten Version von „All the Madmen“ die originale, sehr seltene Version des Songs „Holy Holy“ enthält.
Speziell gefertigte Gold-Disks und ein informatives Booklet mit zahlreichen Fotos aus der Zeit und einem von Ray Davies, dem ehemaligen Frontman der Kinks geschriebenen Vorwort runden das Paket schließlich ab, das auch auf Vinyl erhältlich ist.
Zugegeben, die Edition widmet der Ziggy-Stardust-Periode breiten Raum. Neben dem Studioalbum finden sich viele Songs über den prophetischen Alien und Quasi-Messias auch auf den beiden Live-Alben. Das ist insofern auch durchaus verständlich, als die Kunstfigur „Ziggy“ Bowies transsexuelles Alter Ego beschreibt, das ihm zu internationalem Ruhm verhalf und den Höhepunkt seiner flamboyanten Glamrock-Periode markiert. Bowie hatte hier, anders als in späteren Abschnitten seiner Karriere, das Spiel mit seinen multiplen Identitäten noch fest im Griff und war clever genug, sich rechtzeitig von seiner Maske zu trennen, bevor sie mit ihm zu verschmelzen drohte.
Am Ende des Soundtrack-Albums „Ziggy“ hört man Bowies dramatische Ankündigung, dass die Band ihre letzte Show gegeben hätte. „Five Years:1969 – 1973“ zeigt einen Ausnahmekünstler, der sich beständig im Aufbruch nach neuen Sinn- und Klangwelten befindet.