David Allred – THE CELL

Gerade einmal ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung seines von der Fachkritik hochgelobten Debüts „The Transition“ legt David Allred jetzt mit seinem neuen Album THE CELL nach, das stilistisch und tonal dort anknüpft, wo das Vorgängerwerk endete: sieben feine meditative Songs, in denen sich der kalifornische Singer/Songwriter Gedanken über Liebe, Verlust und das Leben macht.

Die Musik ist gleichförmig, schreitet bedächtig fort, lebt von einem zyklischen Auf- und Abbau von Spannungen, ohne sich jemals zu dramatischen Höhepunkten zu steigern. Hier singt einer, der sich der Endlichkeit seines Lebens bewusst ist, ohne hierüber zu lamentieren, sondern gelernt hat, die dunklen Seiten des Lebens zu akzeptieren, aber auch, wie man in einer vollends dissonanten Welt „… sich Licht, Optimismus und Harmonie bewahrt.“ Insofern haftet Allreds Musik durchaus etwas Tröstendes an.  Trost spenden beispielsweise die Natur und der Zusammenhalt der Menschen, um den es im Song „Family“ geht.  

Lediglich sieben Songs umfasst THE CELL. Manche von ihnen sind länger, andere so kurz, dass man sie fast als Interludien bezeichnen möchte. Das Kernstück des Albums, der Song „Full Moon“, kommt gänzlich ohne Worte aus, schöpft seine Kraft aus langgezogenen, warmen, brummelnden Ambient-Klängen und einer Vielzahl von Halleffekten, die ihre emotionalisierende Wirkung nicht verfehlen.

Stilistisch zeigen manche Lieder eine Nähe zur Tradition des Kunstlieds der Romantik, mit dem sie die Beschränkung auf Klavier und die Vorliebe für sparsame Harmonielinien teilen. Dies gilt besonders für den Titel „Nature’s Course“, eine ruhige, melancholische Klavierballade, in der sich Allred mit den existenziellen Fragen des Menschseins und dessen Konstituierung im Verhältnis zur Natur befasst.

Allred ist jedoch auch ein begabter, virtuoser Multiinstrumentalist. Neben Klavier, das er mit effektvollem Pedaleinsatz spielt, beherrscht er Trompete, Kontrabass, Orgel, Keyboards und Violine. Auf THE CELL stand ihm außerdem der US-Musiker und Komponist Peter Broderick zur Seite, der für den wirkungsvollen Einsatz von Streichern, Glockenspiel, Perkussion und Synthesizer verantwortlich war.

Einzig der Titel „Fading Away“ fällt von den sieben Songs des sehr schönen Albums ein wenig ab, weil er ein wenig zu glatt und gefällig geraten ist. Dies tut jedoch in keiner Weise der Tatsache Abbruch, dass David Allred ein neuer Meister des Minimalismus ist.

VÖ: 14.06.2019 – Label: ERASED TAPES /Indigo

Photography by Michael O’Neal

Standardbild
Hans Kaltwasser
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