Maeve und Dave, die beiden Geschwister, sind unzertrennlich, seit klar ist, dass ihre Mutter nicht mehr ins Holländerhaus zurückkehrt. Für ihren Vater und die beiden Kinder völlig unverständlich, dass der Grund das besagte Haus ist. Es sollte für alle eigentlich ein besseres Leben ermöglichen. Zumindest hatte Cyril das geglaubt und sein hart erarbeitetes Vermögen hineingesteckt. Diese Villa war schon etwas ganz Besonderes. Sie besaß durchgehende Fensterfronten, man konnte vom vorderen Bereich bis in den letzten Raum des Hauses und den anschließenden Garten blicken. Alles an dieser Villa war hinreißend und luxuriös, aber Cyrils Frau erträgt den Luxus nicht, die vielen Zimmer, die vergoldete Decke im Esszimmer, die großen Porträts der Vorbesitzer. Sie will vielmehr in die Welt der Armen hinabsteigen, denen helfen, die es nötig haben, und geht nach Indien.
Maeve, die sieben Jahre älter ist als ihr Bruder Dave, kümmert sich nun anstelle der Mutter um ihn, ohne dass es jemand von ihr erwartet. Zudem sind da noch Jocelyn und Sandy, die Hausangestellten, die auf beide liebevoll achten. Mit der Zeit vermisst nur noch Maeve manchmal ihre Mutter, doch eigentlich sind die Geschwister glücklich. Einmal in der Woche fährt Dave mit seinem Vater zu den Mietern, um die fälligen Mieten zu kassieren. Eine Zeit, die er genießt, da er den Vater ansonsten selten zu Gesicht bekommt.
Eigentlich könnte alles so bleiben, doch das tut es nicht. Denn der Vater heiratet Andrea, die sehr viel jünger als er ist und zwei Töchter hat. Das Leben im Holländerhaus ändert sich. Maeve kann nicht mehr in ihrem geliebten Zimmer mit der großen Fensterbank sitzen, den Blick alleine auf Bäume und Garten richten, denn nun gehört es den beiden Mädchen. Doch Maeve studiert mittlerweile in New York und kommt nur zu den Feiertagen nach Hause. Auch nach dem Examen zieht sie nicht mehr ins Holländerhaus, sondern ganz in die Nähe, um ihren Bruder weiterhin behüten zu können. Als der Vater unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, sind Daves Tage dort jedoch gezählt. Die Stiefmutter hat sich das Erbe gesichert und natürlich auch das prächtige Holländerhaus mit all seinem wertvollen Inventar…
Die Geschichte der bösen Stiefmutter? Nein, das allein macht diesen klugen und sehr unterhaltsamen Roman rund um das Holländerhaus nicht aus. Es erzählt vielmehr intensiv und kraftvoll von einer engen Geschwisterbeziehung, wie das Leben in den fünfziger Jahren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in Philadelphia war und wie ein Haus als Bezugsrahmen einer Familie scheiterte. Von der ersten bis letzten Seite ein Lesegenuss!
Das Holländerhaus
von Ann Patchett
Übersetzt von: Ulrike Thiesmeyer
400 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-8270-1417-7
Verlag: berlin Verlag
Ann Patchett, 1963 in Los Angeles geboren, lebt als Schriftstellerin und Kritikerin in Nashville, Tennessee. Ihr Roman „Bel Canto“, übersetzt in dreißig Sprachen, wurde mit dem PEN/Faulkner Award und dem Orange Prize ausgezeichnet und war auch in Deutschland ein großer Erfolg.