Das Deutsche Volk – Film von Regisseur Marcin Wierzchowski

Fünf Jahre ist es her: In der Nacht des 19. Februar 2020 reißt ein rassistischer Anschlag in Hanau neun junge Menschen aus dem Leben. Ein ganz normaler Abend endet in einem Alptraum – für ihre Familien, ihre Freund*innen und eine ganze Stadt.

DAS DEUTSCHE VOLK erzählt die Geschichte dieses Verbrechens aus der Perspektive der Hinterbliebenen und Überlebenden. Es geht um Schmerz, Wut und den langen Schatten, den eine solche Tat wirft. Welche direkten und langfristigen Folgen hat der Anschlag für die Menschen – und für Hanau? Und was sagt er über Deutschland aus?

Vier Jahre lang begleitet Regisseur Marcin Wierzchowski die Angehörigen auf ihrem Weg durch Trauer und Verlust. Er dokumentiert ihren Kampf um Gerechtigkeit, ihre Forderung nach Anerkennung und ihre Entschlossenheit, nicht als Bürger*innen zweiter Klasse behandelt zu werden. Sie machen den strukturellen Rassismus sichtbar, der sich nicht nur in der Tat selbst, sondern auch in dem Umgang der Behörden mit ihnen zeigt.

Während Politiker nach den richtigen Worten suchen und viele Fragen zur Tat unbeantwortet bleiben, übernehmen die Hinterbliebenen selbst die Aufklärung. Gemeinsam rekonstruieren sie die Nacht des Anschlags, stellen sich gegen das Vergessen und fordern Konsequenzen. Je mehr Zeit vergeht, desto leiser wird die öffentliche Aufmerksamkeit. Doch die Familien kämpfen weiter; für Gerechtigkeit und für die Erinnerung an die Ermordeten.

DAS DEUSTCHE VOLK stellt die aktuell wieder drängende Frage: Wer gehört zu Deutschland und wer nicht? Eine milk&water Produktion in Koproduktion mit strandfilm, ZDF/3sat & Hessischer Rundfunk gefördert durch Hessen Film & Medien. Der Film wird auf der Berlinale in der Kategorie Berlinale Special gezeigt.

Regisseur Marcin Wierzchowski über seiner Motivation, den Film zu drehen:


„Ich selbst wurde in Polen geboren und habe als Kind Rassismus erlebt. Die Frage, warum Menschen sich über andere Menschen stellen, beschäftigt mich schon mein Leben lang. Meine persönliche Familiengeschichte ist geprägt von der Zeit des Nationalsozialismus. Teile der Familie wurden von den Nazis ermordet, als Zwangsarbeiter verschleppt und lebten unter dem Terror der Besatzer. Die Polen waren in der Ideologie des NS-Untermenschen, etwas davon bleibt immer zurück. Auf beiden Seiten. Nach dem Anschlag am 19. Februar 2020 begann ich sofort mit den Dreharbeiten. Schnell lernte ich Angehörige der Opfer und Überlebende des Anschlags kennen.

Zur gleichen Zeit trat der erste Corona-Lockdown in Kraft, die meisten Journalist*innen verließen die Stadt. Ich blieb während des gesamten Lockdowns in Hanau. Die Angehörigen trafen sich regelmäßig in einem kleinen Laden und so konnte ich ihr Vertrauen und sie als Protagonist*innen für meinen Film gewinnen. Fast fünf Jahre lang begleitete ich die Angehörigen und Überlebenden mit und ohne Kamera und habe die schwersten Phasen der Trauer miterlebt. So konnte ich über einen langen Zeitraum beobachten, welche Auswirkungen ein solcher Anschlag auf die Hinterbliebenen, Überlebenden und eine Stadt wie Hanau hat und was es in letzter Konsequenz bedeutet, wenn Menschen sich über andere Menschen stellen.“


Marcin Wierzchowski (*1984) in Warschau geboren, ist Regisseur und Produzent. Seine Eltern flohen wegen des Kriegszustandes aus Polen nach Deutschland, da war er noch so klein, dass er in die Handtasche seiner Mutter passte. 2012 holte er sein Abitur nach und begann in der Folge ein Philosophiestudium in Frankfurt am Main. 2013 wechselte er an die Kunsthochschule Mainz, um Freie Bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Film bei Professor Harald Schleicher zu studieren.

Heute lebt und arbeitet er in Frankfurt am Main und Warschau. Sein erster Film, die 47-minütige Dokumentation HANAU – EINE NACHT UND IHRE FOLGEN wurde 2022 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet und bildet die Grundlage für seinen Langfilm DAS DEUTSCHE VOLK (2025), der Premiere auf der Berlinale 2025 feiert. Für die Produktion seines Dokumentarfilmprojekts TRAUMALAND wurde er 2021 mit dem Gerd Ruge Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW ausgezeichnet. Er ist Regisseur, Autor, Videokünstler, Bühnenbildner, Produzent und arbeitet im Moment neben weiteren Dokumentarfilmen an seinen ersten fiktionalen Stoffen.

DAS DEUTSCHE VOLK von Marcin Wierzchowski © milk&water_strandfilm

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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