Craig Armstrong „Nocturnes – Music for 2 Pianos“

Schlaflosigkeit war für unzählige Menschen eine Begleiterscheinung des Corona-Lockdowns. Auch für Craig Armstrong, den preisgekrönten schottischen Komponisten moderner Orchester- und Filmmusik, die häufig mit elektronischen Elementen durchsetzt ist. Die langen, unruhigen Nächte führten ihn zu späten Spaziergängen in seinem Viertel in Glasgow, wo das Hupen der zum städtischen Krankenhaus rasenden Krankenwagen die unheimliche Einsamkeit durchbrach. 

Diese Nächte zogen ihn auch immer wieder in sein Heimstudio, wo er lange aufblieb, um Stücke für sein neues, am 3.9.2021 erschienenes Album NOCTURNES – MUSIC FOR 2 PIANOS zu komponieren. „Ich fand mich regelmäßig um zwei, drei, vier Uhr morgens in meinem kleinen Studio zu Hause wieder und fing einfach an, auf meinem Klavier zu schreiben“, erzählte Armstrong in einem Gespräch mit dem „Guardian“. Und: „Ich glaube, die Motivation war, mich von dem Albtraum abzulenken, der sich damals abspielte.“

Anders als der Großteil seines umfangreichen Katalogs, der Filmusiken wie Baz Luhrmanns „Romeo + Julia“ und die Musiklegende „Ray“ von Taylor Hackford sowie Kollaborationen mit Massive Attack, U2 und Madonna und der Royal Shakespeare Company umfasst, mögen Tracks des Albums relativ einfach erscheinen. Dennoch sind sie überaus fesselnd, reich an Emotionen und setzen die in der europäischen Musikgeschichte tief verwurzelte und kreativ fließende Tradition der Nocturnes, der Nachtmusik fort.

Die Form eines Nocturnes ist nicht festgelegt, lässt dem Musiker viel Freiheit, sich zu entfalten. Armstrongs vierzehn Nocturnes sind intime, relativ kurze, zwischen einer und fünf Minuten lange Stücke, die vom Herzen kommen. Kleine Vignetten, die einen flüchtigen Augenblick einfangen. Ihre Stimmung ist teils melancholisch, teils bewusst hoffnungsvoll, wie der vierte Track zeigt.

Geschrieben sind die Stücke für zwei Klaviere. Ursprünglich sollten andere Künstler die Stücke aufführen. Da während des Lockdowns ein Zusammentreffen mit anderen Musikern nicht möglich war, hat der Schotte beide Klavierparts gespielt. 

Nocturne 11 ist eine Hommage an den beliebten japanischen Künstler Ryuichi Sakamoto mit seinem scheinbar einfachen und doch so vielschichtigen Kompositionsstil, während das elegante Nocturne 12 von einer Spieldose inspiriert ist, die einst Armstrongs Großmutter väterlicherseits gehörte.

Craig Armstrongs NOCTURNES – MUSIC FOR 2 PIANOS ist ein wunderbares, kontemplatives Album, unaufdringlich inspirierend und hilft, die Gedanken in diesen hektischen Tagen zu ordnen.  

Noctures – Music For 2 Pianos” ist heute, am 3.09.21 bei Modern Recordings / BMG erschienen.

Standardbild
Hans Kaltwasser
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