Colter Wall – Die Reinkarnation des Cowboys

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Und dann gibt es Menschen, die eine tiefe Verbundenheit zu Dingen haben, die für andere längst vergangene Relikte unserer Kultur zu sein scheinen. Fans von modernen Klängen werden die Musikrichtung Country und Western als einen solchen Anachronismus empfinden. Hier kommt nun der Kanadier Colter Wall ins Spiel.

Alte Seele mit Reibeisenstimme

Wenn man die Stimme Colter Walls zum ersten Mal hört, könnte man meinen, hier den Gesang eines Veteranen des Genres zu vernehmen, der sein Leben lang stark dem Whiskey und dem Tabakkonsum zugesprochen hat. Der Song Kate McCannon verdeutlicht auf Anhieb, weshalb man zu dieser Annahme kommen könnte. Doch der Mann aus Swift Current im kanadischen Saskatchewan hat erst im Jahr 1995 das Licht dieser Welt erblickt und seine unglaublich charakteristische Stimme ist nicht das einzig Ungewöhnliche an dem 25-Jährigen.

Im Alter von 13 Jahren begann der junge Colter, sich der Gitarre zu widmen. Auch hier zeigte sich bereits eine gewisse Zugewandtheit zu klassischem Material, wenn auch im Rock-Bereich. Die Riffs von Bands wie Black Sabbath, Led Zeppelin und AC/DC waren Gegenstand seiner Gitarrenübungen. Doch im Haus der Familie wuchs Colter mit den Klängen von Country-Legenden wie Johnny Cash auf. So entwickelte er auch in seinem eigenen Musizieren schon bald ein Interesse für ältere Blues-Künstler und Folk Music.

Mit zehn oder elf Jahren hörte Colter nach eigenem Bekunden gerne Bob Dylan und mit 15 oder 16 Jahren begann er dann selbst damit, Songs zu schreiben und entsprechend auch Gesang zu seinem Gitarrenspiel hinzuzufügen. Große Einflüsse im Country-Bereich waren für Ihn unter anderem Künstler und Sänger wie Hank Williams, Townes Van Zandt oder Willie Nelson. Er nahm als Student Demos seiner Songs auf und entschied im Jahr 2015, sein Studium an der Universität von Saskatchewan zu unterbrechen, um sich ganz auf seine Musikkarriere zu konzentrieren.

Die Musikkarriere

Im Jahr 2015 nahm Colter Wall eine sieben Stücke umfassende EP mit dem Titel Imaginary Appalachia auf. Darauf kollaborierte er mit anderen Künstlern wie The Dead South. Man kann die Musik hier mit den Stilen Americana, Blues und Folk beschreiben.

In Schwung kam die Karriere des Kanadiers dadurch, dass der bekannte Wrestler Brock Lesnar über dessen Musik stolperte und den jungen Künstler fortan unter Wrestling-Fans bekannt machte. Songs der EP fanden dann ihren Weg in Film- und Fernsehproduktionen. Besonders bekannte Filme waren Hell or High Water und der Oscar-Film Three Billboards Outside Ebbing, Missouri, die beide den Song Sleeping on the Blacktop verwendeten, der stark an das Spätwerk von Johnny Cash erinnert.

Die Aufmerksamkeit zeigte Wirkung und 2016 findet selbst Produzenten-Legende Rick Rubin bewundernde Worte über den Newcomer. Das Debütalbum mit dem Titel Colter Wall erschien im Mai 2017. Die meisten Songs des Albums sind nach Aussage des Künstlers autobiografischen Inhalts. Im Jahr 2018 erschien der Nachfolger Songs of the Plains, mit dem erstmals ein Einstieg in die amerikanischen Charts gelang und in Kanada wurde nach dem Platz 90 des Debüts nun die Position 36 erzielt.

Im August 2020 erschien Album Nummer drei Western Swing & Waltzes and Other Punchy Songs auf dem Independent Label La Honda Records. Darauf sind noch deutlicher als auf der ersten EP und den folgenden zwei Alben Songs zu hören, die klar dem klassischen Country zugeordnet werden können als dem ansonsten bei Colter Wall überwiegend vorherrschenden Americana, was sicherlich eher einer modernen Zuhörerschaft zu vermitteln ist. Man darf aber nicht unterschätzen, dass in den Herkunftsländern USA und Kanada das Country-Genre weitaus lebendiger und auch einträglicher ist als hierzulande, wo diese Musik eigentlich kaum stattfindet.

In jedem Fall ist bei Colter Wall ein starker Trend in eine Richtung zu beobachten, die sich am besten mit dem Prädikat Back to the Roots beschreiben lässt. Eindrucksvoll lässt sich dieser Umstand auch mit der folgenden Anekdote verdeutlichen.

Künstler mit eigenem Kopf und echter Cowboy

Vor nicht allzu langer Zeit berichtete Joe Rogan in seinem berühmten Podcast The Joe Rogan Experience von einem interessanten Gespräch mit dem Musiker Colter Wall. Man muss dazu sagen, dass der Podcast des Amerikaners so ziemlich der bekannteste und reichweitenstärkste der Welt ist.

Illustre Gäste haben in den mehr als zehn Jahren des Bestehens im Gespräch am Tisch von Joe Rogan gesessen. Rockstars wie Metallicas James Hetfield, Komiker, Kampfsportler und Filmstars gaben sich hier die Klinke in die Hand, aber genauso waren Universitätsprofessoren, Philosophen, Wissenschaftler und Politiker wie Bernie Sanders zu Gast. Elon Musk und Edward Snowden waren ebenfalls viel beachtete Gesprächspartner.

Wer am Tisch von Joe Rogan sitzt, kann sich also einer millionenfachen Aufmerksamkeit sicher sein, die für einen aufstrebenden Musiker Gold wert ist. Als Rogan die Stimme des Sängers hörte, wurde umgehend sein Interesse geweckt und er unternahm den Versuch, Colter Wall als Gast in seine Sendung einzuladen.

Freundlich entgegnete der Kanadier bei einem Telefonat, dass es für ihn momentan nicht möglich sei, in die Show zu kommen, da er die Saison über aus Überzeugung als Ranch-Hand, also als Hilfsarbeiter auf einer Farm, beschäftigt wäre. Rogan versicherte schwer beeindruckt von der Wahrhaftigkeit, mit der dieser Country-Musiker den echten Cowboy-Lifestyle lebt, Wall hätte stets die Möglichkeit, als Gast im Podcast aufzutreten, sobald er dafür Zeit finden würde.

Wir dürfen gespannt sein, wann es so weit ist und was Colter Wall dann von dem Leben als echter Cowboy auf einer Ranch zu berichten hat und wie das Ganze seine Musik beeinflusst. In jedem Fall ist der Kanadier ein spannender Künstler und es ist schön zu sehen, dass es junge Musiker gibt, die ihren eigenen Weg gehen, der vielleicht nicht dem vorherrschenden Geschmack ihrer Generation entspricht und damit trotzdem erfolgreich sein können. Cowboy, Cowboy, reite weiter, immer weiter – in den Sonnenuntergang!

Ingrid
Ingrid

Kunst und Kultur, Musik und Bücher, ohne sie ist ein Leben denkbar, aber für mich sinnlos. Darum habe ich diesen Blog ins Leben gerufen. Es macht viel Spaß, ihn zu gestalten - ich hoffe, den Usern, ihn zu lesen.
Nicht alles, was gedruckt wird, muss gelesen, nicht jedes Album gehört werden. Was die User hier finden, gefällt mir und den Gastautoren, die ab und zu Lust haben, etwas zu schreiben.

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