Jahrelang hat der Oscar®-Gewinner Florian Gallenberger für seinen Film COLONIA DIGNIDAD – ES GIBT KEIN ZURÜCK recherchiert. Herausgekommen ist ein atemberaubender Thriller, der die Machenschaften eines Menschen nachzeichnet, der es auf eine nie da gewesene Weise geschafft hat, seinen widerwärtigen Neigungen in einem für ihn und von ihm selbst erschaffenen Paradies nachzugehen. Die Rede ist von dem deutschen Laienprediger Paul Schäfer, der 1961 mit seinen Anhängern die Colonia Dignidad – ein hermetisch abgeriegeltes Lager gut 300 Kilometer südlich von Santiago de Chile aufgebaut hat. Es existierte vier Jahrzehnte und hat in dieser Zeit viele Menschen leiden lassen. Denn was als „deutsches Musterdorf“ verkauft wurde, war in Wirklichkeit, insbesondere ab dem Militärputsch des Generals Augusto Pinochet 1973, ein Folterlager des Pinochet-Regimes. Und genau zu diesem Zeitpunkt beginnt der Film, und mit ihm auch das Schicksal zweier junger Menschen:
Lena (Emma Watson), die als Stewardess arbeitet, besucht ihren Freund Daniel (Daniel Brühl), der als Fotograf in Santiago lebt und sich zudem für die politischen Ziele des Präsidenten Salvador Allende einsetzt. Als Hunderte Menschen auf den Straßen Santiagos gegen Pinochet demonstrieren, geraten die beiden unter die Demonstranten und werden verhaftet.
Lena kommt wieder frei, doch Daniel wird noch in der Nacht an einen unbekannten Ort verschleppt. Sie sucht nach ihm und erhofft sich Hilfe von Daniels Mitstreiter, doch die müssen abtauchen und auch die Deutsche Botschaft verweigert ihr jede Hilfe. Bei Amnesty International hört sie das erste Mal von der berüchtigten Colonia Dignidad, einer abgeschotteten deutschen Sekte im Süden Chiles, die enge Verbindungen zum Geheimdienst unterhält und auf deren Geheiß Gefangene foltert. Vermutlich ist Daniel auch dorthin gebracht worden.
Lena – von der talentierten Emma Watson sehr überzeugend gespielt – entschließt sich, der mysteriösen Sekte beizutreten. Sie hofft so, Daniel – perfekt verkörpert von Daniel Brühl – wiederfinden zu können. Ein schrecklicher Entschluss, denn einmal Mitglied in dieser Sekte, ist eine Flucht nahezu undenkbar. Schäfer hat seine Leute im Griff und ein sicheres Gefühl für die Schwächen der Menschen, die er effektiv zu nutzen weiß.
Die Rolle wird hervorragend von Michael Nyqvist gespielt.
Nicht nur, dass der Film ein höchst dramatischer Thriller ist, er ist darüberhinaus ein erschütterndes filmisches Dokument über eine Realität, in die auch die deutsche Politik verwickelt war. Warum über die Jahrzehnte nur wenigen eine Flucht aus der Colonia gelang, lag zumindest teilweise auch an der deutschen Botschaft, die enge Verbindungen zu Schäfer pflegte und die die Entflohenen in die Colonia zurückbrachte.
Im Dienste Pinochets wurden in Colonia Dignidad Waffen und Giftgas produziert sowie versuchsweise Uran angereichert. Deshalb sind erst nach der Abdankung Pinochets 1990 Strafverfolgungsbehörden aktiv geworden. Schäfer floh nach Argentinien, wurde dort 2004 verhaftet und schließlich in Chile zu insgesamt 33 Jahren Haft wegen vielfachen Kindesmissbrauchs verurteilt. Er starb 2010 im Gefängnis in Santiago.
COLONIA DIGNIDAD ist ein wirklich großartiger Film – ab 18. Februar in den Kinos zu sehen.
Titelbild: (Copyright: Majestic / Ricardo Vaz Palma)