Claire Fuller – Unsere unendlichen Tage

London Ende der 1970er Jahre. Peggy Hillcoat lebt mit ihrer Mutter Ute und ihrem Vater James ein beinahe ganz normales Leben. Doch ihr Vater ist Mitglied im Verein der Retreater, die glauben, dass die Welt kurz vor einem Atomkrieg steht. Nicht ganz unbegründet in Zeiten des Kalten Kriegs zwischen Ost und West. Ihre Mutter sieht das anders. Mit einem Achselzucken lässt sie die Anstrengungen ihres Mannes, den Kellerraum zu einem Atombunker umzubauen, wort- und tatenlos über sich ergehen. Sie geht bald wieder ihrer Arbeit als Pianistin nach und auf eine Tournee durch Deutschland.

Peggy findet zunächst Gefallen daran, mit ihrem Vater alleine zu sein. Denn er erlaubt ihr, die Schule zu schwänzen. Nachdem kurz danach offiziell die Ferien beginnen, brechen sie zu einer langen Reise auf. Es soll ein Abenteuer-Urlaub werden. Doch Peggy merkt nach einigen Tagen, dass die Vorstellungen ihres Vaters mit ihren nicht übereinstimmen.

Lange Märsche durch ungezähmte Natur und tiefe Wälder warten nach der Bahnreise auf sie. Wilde Stromläufe müssen überwunden werden. Am Ende ihres anstrengenden Weges wartet jedoch eine Hütte auf sie, die ein zwar spartanisches, aber sicheres Leben möglich machen soll. Die Enttäuschung ist jedoch groß, als sie die Hütte im Bayerischen Wald erreichen. Sie ist in einem verwahrlosten Zustand.

James ist jedoch von der Idee besessen, dass sie nur hier überleben können. Die Welt sei hinter einem hohen Bergkamm verschwunden und die Menschheit ausgelöscht, erzählt er seiner Tochter. Peggy lebt nun in ständiger Angst, die nur etwas gemildert wird, als ihr Vater für sie ein stummes Klavier baut. Wirklichkeit und Phantasie wechseln sich im Erleben des Mädchens ab, das langsam zur Frau wird. Und schließlich nimmt die Geschichte inmitten der bayerischen Wälder ein böses Ende.

Aus Sicht des jungen Mädchens gelingt es der Autorin mit erzählerischer Kraft, die Gefühle zu schildern, die es mit einem Vater an ihrer Seite durchlebt, der Ängste schürt und seine Tochter als Eigentum betrachtet. Der Roman entführt mit seinen detaillierten Beschreibungen aber auch in die Schönheit und Unbeherrschbarkeit der Natur, die ihre Bedingungen fern ab von Zivilisation und technischen Errungenschaften setzt.

Der Roman „Unsere unendlichen Tage“ ist fantastisch, düster und von eindringlicher Tiefe. Unbedingt empfehlenswert!

Unsere unendlichen Tage

Autorin: Claire Fuller

Übersetzt von: Susanne Höbel

320 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
EAN 978-3-492-05828-5

Erschienen am 29.07.2021 im Piper Verlag

Claire Fuller, 1967 in Oxfordshire geboren, kam erst mit vierzig Jahren zum Schreiben. Ihr Debütroman „Unsere unendlichen Tage“ wurde auf Anhieb mit dem Desmond Elliott Prize ausgezeichnet und in elf Sprachen übersetzt. Nach „Eine englische Ehe“ und „Bittere Orangen“ erscheint er nun auch auf Deutsch.

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Ingrid
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